Einschätzungen und Reaktionen
Mubarak ist weg - was kommt jetzt?
Hosni Mubarak ist als ägyptischer Präsident zurückgetreten. Die Macht hat das Militär übernommen. Doch was passiert jetzt? Droht eine Militärdiktatur oder kommt es zum Übergang zu einem modernen demokratischen Staat? Und was sagen EU und die USA?
27. April 2017, 15:40
"Ich habe noch nie so viele glückliche Menschen erlebt"
Petra Schönbacher im Gespräch mit ORF-Sonderkorrespondentin Barbara Ladinser in Kairo.
Auf dem Weg zur Demokratie?
Die Menschen am Tahrir Platz in Kairo tanzen und jubeln, erzählt ORF-Reporterin Barbara Ladinser. Die Macht ist an das Militär übergeben worden. Die Frage, die sich jetzt stellt: Ist eine Militärdiktatur zu befürchten oder handelt es sich lediglich um eine Übergangführung, die die Macht dann wieder in Form von demokratischen Wahlen abgibt? "Ich würde das als Übergangsführung sehen", sagt Barbara Ladinser.
Denn an der Spitze des Militärrats, der die Amtsgeschäfte ab sofort übernimmt, soll der oberste Verfassungsrichter stehen.
In Folge soll eine Übergangsregierung der nationalen Einheit eingesetzt werden, die freie Wahlen ausruft. "So würde der ideale Weg zur Demokratie für Ägypten aussehen", sagt Ladinser, "und die Armee hat ja wiederholt gesagt, sie würde den Weg zur Demokratie garantieren. Es klingt schon alles nach einem Eintritt Ägyptens in eine moderne demokratische Epoche." Zeitplan gibt es aber noch keinen. Ebenso unklar ist die Zukunft von Hosni Mubarak.
"Catherine Ashton begrüßt den Rücktritt Mubaraks"
Brüssel-Korrespondent Raimund Löw im Interview mit Petra Schönbacher.
Die EU begrüßt Rücktritt
EU-Außenministerin Catherine Ashton hat den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten ausdrücklich begrüßt. Das sei ein Schritt zu rascheren und tieferen Reformen. Hosni Mubarak habe die Stimme des ägyptischen Volkes gehört und jetzt sei der Augenblick des Dialogs zwischen Regierung und Opposition.
Ashton verlangt weiters, dass die gewaltsamen Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen der letzten Tage untersucht werden. "Es scheint, als ob die europäische Union verstanden hätte, dass die ägyptische Revolution eine ganz wichtige Weichenstellung für das 21. Jahrhundert sein könnte, mit Auswirkungen auf die gesamte arabische Welt. Da will man auf der richtigen Seite stehen", sagt ORF-Brüssel-Korrespondent Raimund Löw.
Gute Ratschläge aus Europa?
Direkte Kontakte zwischen EU und dem ägyptischen Militärrat dürften noch kaum vorhanden sein. Bisher hatte die europäische Union eher mit den politischen Stellen zusammengearbeitet. Europa hat immer wieder versucht, rechtsstaatliche Instrumente in Ägypten zu verankern und hat Projekte im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit gegeben.
Die militärische Zusammenarbeit war eher Sache der Amerikaner. "Doch jetzt müssen die Europäer feststellen, dass die ägyptischen Massen in wenigen Tagen mehr Demokratie zusammengebracht haben, als alle Ratschläge aus den europäischen Hauptstädten über die vielen Jahre", so Löw.
"Obama wusste bescheid"
Petra Schönbacher spricht mit USA-Korrespondent Tim Cupal.
Ärger im Weißen Haus
Präsident Obama sprach bereits am Donnerstag von einem Wandel, der in Ägypten geschehen müsse. Man kann davon ausgehen, dass die USA bereits über den geplanten Rücktritt informiert waren, sagt USA-Korrespondent Tim Cupal. Im Weißen Haus sei man durchaus verärgert gewesen, als sich dieser Rücktritt um einen Tag verzögerte. Unter Umständen hat auch dieser Ärger letztendlich zum Rücktritt beigetragen.
Hoffnung ins Militär
Der Machtwechsel in Ägypten stellt jetzt die USA vor neue außenpolitische Herausforderungen. Immerhin ist Ägypten eines der wenigen muslimischen Länder, das nicht mit Israel im Kriegszustand ist. Ägypten bekam von den USA die zweithöchste Militärhilfe - nach Israel. Daher setzen die USA jetzt auch große Hoffnungen in das ägyptische Militär. Es soll in der Übergangsphase zur Stabilität beitragen.
Angst vor den Muslimbrüdern?
Obama bekräftigte, dass er den Weg Ägyptens in Richtung Demokratie unterstützen wolle. Sollten bei den freien Wahlen jedoch die Muslimbrüder die Macht übernehmen, wäre man in den USA wohl nicht besonders glücklich, betont Cupal. Dann würde es wohl weniger US-Unterstützung für Ägypten geben. Doch derzeit zeigen sich die USA diesbezüglich zurückhaltend. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Nahost-Strategie der USA in nächster Zeit völlig umkrempeln wird.
"Der 11. Februar ist ein historischer Tag für Ägypten"
Bundespräsident Heinz Fischer im Gespräch mit Wolfgang Werth.
Positive Reaktionen aus Österreich
Bundespräsident Heinz Fischer sprach von einem historischen Tag für Ägypten mit Ausstrahlung auf den gesamten Nahen Osten. Er begrüßte, dass der Systemwechsel im Großen und Ganzen auf friedliche Weise vor sich ging. Jetzt hänge jedoch alles von der weiteren Entwicklung ab.
Von einer erfreulichen Entwicklung sprach auch der österreichische Außenminister Michael Spindelegger: "Letztlich hat Präsident Mubarak jetzt auch seinem Volk einen großen Dienst erwiesen. Wir stehen vor einem Neubeginn mit einer Demokratie, mit einer Rechtsstaatlichkeit, so wie sich das die Menschen in Ägypten wünschen."
"Wir stehen vor einem Neubeginn"
Wolfgang Werth spricht mit Außenminister Michael Spindelegger.