Das erste muslimische College der USA

Mit dem Koran auf den Campus

In der kalifornischen Universitätsstadt Berkeley, der progressiven Hochburg der Peace-and-Love-Bewegung, hat vor einigen Monaten das erste muslimische College der USA eröffnet. Zunächst stieß die Schule auf Kritik und Skepsis. Doch jetzt sehen viele in ihr einen richtigen Schritt.

"Etwas bewegen"

Das arabische Wort für Olive ist zaytun. Bibel und Koran sehen in der Olive ein Symbol von Licht. Deshalb hat Zaytuna College sich nach dieser Frucht benannt. Die erste muslimische Universität in den USA will Brücken schlagen und Stereotypen brechen.

Sicher, auf dem Campusgelände wird viel gebetet. Und die Studenten fasten, wenn Ramadan ist. Doch nicht alle Frauen tragen eine Kopfbedeckung. Männer mit langen Bärten sucht man vergebens. Auch Jamye Ford kommt gänzlich unerwartet:

Er sei in einer tiefreligiösen Methodisten-Familie im amerikanischen Süden aufgewachsen, lacht der 32-jährige Historiker. Bei seinem Studium an der New Yorker Columbia University kam er erstmals mit der Poesie des Koran in Berührung. Inzwischen ist er zum Islam konvertiert. Am Zaytuna College will er seinen neu gefundenen Glauben kultivieren:

"Ich will etwas bewegen, denn hier in den USA glauben viele immer noch, dass du nicht zugleich Muslim und Amerikaner sein kannst. Ich bin ein gutes Beispiel dafür, dass das nicht stimmt."

Islamisches Recht, Theologie und Arabisch

15 Studenten haben seit der Eröffnung des Zaytuna College im September 2010 dort ihr Studium begonnen. Alter, Lebenslauf und Herkunft sind sehr unterschiedlich. Nur 15 Prozent der in den USA lebenden Moslems sind Araber, 30 Prozent sind Afro-Amerikaner, 33 Prozent stammen aus Asien.

Derzeit können die Zaytuna-Studenten zwischen drei Hauptfächern wählen: Islamisches Recht, Theologie und Arabisch. Faatimah Knight hat für ihre Ausbildung an der religiösen Hochschule ihr bereits zugesicherte Studienplätze an sieben anderen US-Universitäten abgelehnt. "Wir sind Amerikaner und Muslime", sagt sie. "So identifizieren wir uns. Wir möchten von Lehrern lernen, die wie wir sprechen, denken und essen. Da ist einfach nur menschlich."

Gefährliche Ideen abwehren

Derzeit ist es in den USA noch Praxis, für eine muslimische Ausbildung Imame aus Ländern wie Ägypten, Pakistan oder Yemen anzuwerben. Hamza Yusuf, der Gründer des Zaytuna College, findet das gefährlich. Er hat selber zehn Jahre lang im Ausland studiert und festgestellt, dass man ihm dort mitunter Ideen einzutrichtern versuchte, die nichts mit seinem Glauben zu tun hatten. Hass auf die US-Außenpolitik zum Beispiel:

"Die Vorstellung, dass ich mein Land nicht mögen soll, das war sehr problematisch für mich. Ich habe hart dagegen ankämpfen müssen. Hier werden sie keine Fundamentalisten, Vorboten der nächsten Scharia oder was auch immer finden."

In muslimischen wie amerikanischen Kreisen ist Yusuf wegen seines Einsatzes für den interreligiösen Austausch sehr populär. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sprach er sich gegen islamistische Terroristen aus. Die Zeitung "Egypt Today" nennt ihn den Elvis Presley der westlichen Muslime. Trotzdem hat Yusufs Schule auch viele Gegner. Internetblogs mit Namen wie creepingsharia oder citizenwarrior versuchten ihre Eröffnung mit Hetzkampagnen zu verhindern.

Falsches Bild vom Islam

Ruhe legt sich über das Klassenzimmer, als Imam Zaid Shakir hereinkommt, der am Zaytuna College Theologie unterrichtet. Der hochgewachsene Afroamerikaner erklärt den Studenten, dass sie Wegbereiter für den amerikanischen Islam der Zukunft seien und stark bleiben müssten. Leichter gesagt als getan.

Faatimah Knight stammt aus New York, wo seit Monaten ein Streit über den Bau einer islamischen Begegnungsstätte nahe Ground Zero tobt. Die Studentin zupft an ihrem Kopftuch und blickt auf den Boden. "Du spürst den Hass der Leute, manchmal ganz deutlich", seufzt sie.

Faatimahs Kommilitone Adnan Alam will später einmal eine muslimische Gemeinde leiten. Einstweilen versucht er, ein differenzierteres Bild des Islam zu vermitteln. Die Amerikaner, seufzt er, wüssten zu wenig über seine Religion, oft seien ihre Informationen falsch oder schlicht gegoogelt: "Es ist nicht einfach, denn die ganze Welt schaut auf uns. Wir müssen funktionieren, alles kann falsch ausgelegt werden."

Keinen Hass zulassen

Zum Abschluss der Unterrichtsstunde liest Imam Shakir ein Gedicht vor, das die Herausforderungen reflektiert, mit denen seine Zöglinge zu kämpfen haben:

"Du darfst nicht müde werden zu warten
Wenn du verleumdet wirst, dann verstricke dich nicht selber in Lügen
Wenn Du gehasst wirst, dann lasse keinen Hass in deinem eigenen Herzen zu".

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