Zurück in die Zukunft

Zwischenbericht von der Berlinale

Es ist Halbzeit bei den Berliner Filmfestspielen und auch wenn noch keine klaren Favoriten zu erkennen sind, so gab es in den letzten Tagen doch einige erstaunliche Experimente zu sehen. Der Sonntag stand da ganz im Zeichen des 3D-Films und seiner ungeahnten Möglichkeiten und gestern konnte man beobachten, wie sich ein Antikendrama von Shakespeare mit unserer unmittelbaren Gegenwart verträgt.

Kultur aktuell, 15.02.2011

Im Gedächtnis ist Ralph Fiennes noch immer als “Englischer Patient.“ Jetzt hat der Schauspieler seine erste Regiearbeit abgeliefert. Vor mehr als zehn Jahren hatte er am Theater Shakespeares Coriolanus gespielt und damals schon entstand die Idee, dieses Drama um einen römischen Feldherren, der beim eigenen Volk in Ungnade fällt, zu verfilmen. Fiennes wollte unbedingt die Originaldialoge beibehalten, in welcher Zeit die Geschichte angesiedelt werden sollte, war aber lange unklar. Sollte der Film im alten Rom spielen, oder im 19. oder 20. Jahrhundert? „Als ich darüber nachdachte, tauchten in den Nachrichten immer wieder Bilder auf, die direkt aus dem Drama zu kommen schienen: Vom Krieg in Tschetschenien oder von den Unruhen in Athen und Paris. Dazu kam der wirtschaftliche Niedergang der letzten Jahre, der zum Stück passt, weil Coriolanus in Rom zur Zeit einer Hungerkrise einsetzt“, sagt Fiennes im Interview.

So tritt Coriolanus in Kampfanzug und Springerstiefeln, kahlgeschoren und mit Barett der Menge voller Verachtung und Shakespearscher Wortgewalt entgegen.

Fiennes will seinen Shakespeare dem Zeitgeist anpassen, indem er die Kriegsszenen action- und blutreich inszeniert. Die Dialogpassagen bleiben aber hölzern und in ihrer Theatralik teilweise unfreiwillig komisch. Nicht nur Rom auch die Gegenwart weiß mit diesem spröden Coriolanus wenig anzufangen.

Wim Wenders erfindet den Tanz neu

Ein überaus gelungenes Experiment hat dagegen Wim Wenders abgeliefert. Er hat die 3D-Technik benutzt, um eine Dokumentation über die Arbeit der deutschen Tanzikone Pina Bausch zu realisieren. Ursprünglich hätte er den Film gemeinsam mit Bausch machen wollen, ihr plötzlicher Tod 2009 brachte das Projekt dann beinahe zum Scheitern.

Wie da im 3D-Verfahren Räume spürbar werden, Raumtiefen sich auftun, das bringt nicht nur dem Kino, sondern auch dem Tanz an sich, eine neue, fast magische Erfahrung von Bewegung. “Trotzdem wird “Pina“ in Berlin leer ausgehen, weil der Film außer Konkurrenz läuft.

Gut angekommen ist auch der österreichische Film “Die Vaterlosen“ über eine in einer Kommune aufgewachsene Geschwistergruppe, der allerdings nicht im Wettbewerb startet. Regisseurin Marie Kreutzer hat für die Drehbuchentwicklung ehemalige Kommunenkinder interviewt.

Heute geht es in Berlin mit einem Ehedrama aus dem Iran weiter, was auch wieder den Fokus auf den im Iran inhaftierten Jafar Panahi lenken wird.

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