Seltene Einblicke in die Kunstkammer

Schaurig Schönes im Kunsthistorischen Museum

Dämonen, Monster und Fabelwesen bevölkern derzeit das Kunsthistorische Museum in Wien: "Schaurig schön. Ungeheuerliches in der Kunst" ist der Titel der neuen Schau, in der Drachen, Einhörner, Greifen und Sphingen aus mehreren Jahrhunderten zu sehen sind.

Manche der Exponate waren lange nicht ausgestellt, da sie Bestandteil der Kunstkammer sind, die erst Ende 2012 fertig gestellt und eröffnet werden soll.

Kultur aktuell, 15.02.2011

Mechanische Jagdgesellschaft

Highlight der Schau ist eine etwa 20 Zentimeter große Figur, gefertigt aus Silber und Gold. Diana, die Göttin der Jagd reitet auf einem Kentaur, halb Pferd halb Mensch, eskortiert von zwei Jagdhunden. Bewegt wurde das um 1600 entstandene Ensemble von zwei eingebauten Spieluhren, die heute aber leider niemand mehr reparieren kann, bedauert Sabine Haag, die Generaldirektorin des KHM Die Figur konnte sich zur Verblüffung und zum Gaudium von Renaissance-Tafelgesellschaften zu einer programmierten Zeit quer über den Tisch bewegen und auch einen Pfeil abschießen.

Einhörner und Teufel

Andere der kunstvoll gefertigten Gegenstände dienten der Abwehr von bösen Blicken, der Bekämpfung von Melancholie oder dem Schutz vor Vergiftungen. Ganz besondere magische Kräfte wurden dem Horn des Narwals angedichtet, das man im Mittelalter für das Horn des Einhorns hielt. Meisterlich gefertigte Becher aus Narwalhorn erzählen davon, dass die Vergiftung damals eine sehr gefürchtete Todesart war.

Ein prächtiger feuervergoldeter Helm zeigt, dass man am Schlachtfeld nicht nur auf Kraft, sondern auch auf psychologische Kriegsführung setzte: so ist die offene Sturmhaube als fratzenhaft-dämonische Maske ausgebildet, die als furchterregendes zweites Gesicht auf dem Kopf des Trägers erscheint.

Erotische Gemälde zeigen die Lüsternheit des Satyrs, selbst ein "Teufel im Glas" zählte in der Barockzeit zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der kaiserlichen Sammlungen: es hieß, das sei ein im Glas gefangener Teufel, der einem Besessenen ausgetrieben worden war. Das war nur einer von vielen Versuchen unserer Vorfahren, die Abgründe der menschlichen Seele in kleine Kunstwerke zu bannen. Und das ist wohl auch das Geheimnis, warum diese Miniaturgräuel auch heute für die sündigen Nachfahren noch so faszinierend sind.

Werbung in eigener Sache

Bis die Kunstkammer Ende 2012 eröffnet wird und alle 2.500 Objekte auf 2.700 Quadratmetern zeigen kann, werden die Kunstwerke noch auf eine internationale PR-Tournee geschickt. So sollen sie helfen, die restlichen 1,5 Millionen Euro an Sponsorengeldern aufzutreiben: in Frankfurt, Berlin und San Francisco.

Pretiosen, die zu zerbrechlich sind, um auf Reisen zu gehen, sind allerdings ausschließlich in der Ausstellung in Wien zu sehen. Eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Textfassung: Joseph Schimmer

Service

"Schaurig Schön - Ungeheuerliches in der Kunst", 15. Februar bis 1. Mai 2011,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (EUR 3,-)

Kunsthistorisches Museum Wien - Schaurig schön