Oscar-nominiert für "The King's Speech"

Colin Firth als George VI.

Mit minutenlangen Ovationen hat das Berlinale-Publikum die Deutschland-Premiere des britischen Films "The King's Speech" gefeiert. Der Streifen ist für zwölf Oscars nominiert, als bester Hauptdarsteller wird Colin Firth als Oscar-Favorit gehandelt. Im Interview erzählt Colin Firth von der Arbeit am Film.

Synchron, 17.02.2011

Das Interview führte

Arnold Schnötzinger: Wie hat Ihre Vorbereitung für den Film ausgesehen?
Colin Firth: Es gibt nicht viel Originalfilmmaterial und überhaupt nichts aus der Zeit, bevor George seinen Sprachtherapeuten Lionel Logue getroffen hat. Wir wissen also nicht, wie Georges Sprachfehler geklungen hat, als es am schlimmsten war. Es gibt nur Beschreibungen. Es gibt ja jetzt Diskussionen, in denen behauptet wird, in unserem Film wäre das Stottern schlimmer als es tatsächlich war. Wir haben einen Brief von Georges Privatsekretär an Logue gefunden, in dem er schreibt, dass George überhaupt nicht spricht und dass er als König maximal in einem Saal Hände schütteln würde. Das würde wiederum bedeuten, dass es viel schlimmer war, als wir es zeigen. Wir haben jedenfalls versucht, objektiv zu bleiben, sodass man am Ende sieht, dass er zwar Fortschritte gemacht hat, also flüssiger spricht, seine Worte aber immer noch hart erkämpfen muss.

Wie sehr hat Sie diese Zweier-Situation zwischen König George und Logue, also auch das Zusammenspiel mit Geoffrey Rush motiviert?
Eines der großen Geheimnisse des Films ist die Rolle von Geoffrey Rush. Er ist ja wie ein Schutzengel und viele träumen davon, einen derartigen Freund und Mentor zu haben. Er konzentriert sich ganz auf seinen Patienten und gibt auch nicht auf, auch wenn es aussichtslos erscheint und er sich mit dem König einige unschöne Auseinandersetzungen liefern muss. Daher ist diese Figur letztendlich auch das Herz und die Seele der Geschichte.

Wie sehr haben Sie sich um Authentizität bemüht, denn wenn man zu sehr stottert, hätte das auch unfreiwillig komisch und für Menschen, die daran leiden, beleidigend sein können?
Das war wirklich ein Problem, vor dem wir Angst hatten. Denn wenn es nicht authentisch ist, dann wirkt es leicht lächerlich und dann hätten wir den Film vergessen können. Die Herausforderung war also nicht nur, dass das Stottern technisch korrekt war, sondern es musste sich auch sehr persönlich und menschlich anhören. Wir mussten einen Mittelweg finden: Zu viel stottern ruiniert den Film, und zu wenig ist auch nicht möglich, denn dann hätte Geoffrey Rush nichts zu tun gehabt und niemand hätte sich Sorgen machen müssen. Diesen schmalen Grat zu gehen, da kann dir als Schauspieler niemand helfen, nicht der Regisseur und auch nicht ein Sprachlehrer. Es gibt ja auch keine Bücher, wie man das Stottern lernen kann.

Hatten Sie als Schauspieler eigentlich auch persönlich schon mal Probleme mit dem Sprechen?
Ja, jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit sprechen muss, hat irgendwie auch Angst. Adrenalin ist ja auch ein Grund dafür, warum wir das machen. Ich hatte auf jeden Fall schon Angst vor gewissen Auftritten, vor allem im Theater. Das ist natürlich nicht das Gleiche wie ein König, der eine öffentliche Rede halten muss, aber ein wenig kann man es schon vergleichen, und die Erinnerung daran hat mir auch bei der Vorbereitung der Rolle geholfen.

Zudem hatte ich, als ich Mitte 20 war, einmal Stimmprobleme. Ich habe mir damals die Stimmbänder verletzt, als ich bei einer Szene sehr laut schreien musste. Fast ein Jahr lang hatte ich keine Stimme und ich war darüber nicht nur als Schauspieler besorgt. Auch mein Alltag wurde dadurch enorm erschwert. Das hat mir schon einen Eindruck vermittelt, wie es ist, wenn man sich als Mensch nicht so ausdrücken kann, wie man möchte. König George VI. war ja ein ziemlich witziger und auch intelligenter Typ und man kann sich daher vorstellen, wie frustriert er gewesen sein muss, dass man aufgrund seines Sprachproblems seine Intelligenz in Zweifel gezogen hat.

Sie sind ja der große Favorit für den Oscar als bester Hauptdarsteller, auch weil Sie letzten Sonntag noch mit dem Darstellerpreis der britischen Filmakademie ausgezeichnet wurden? Wie gehen Sie mit dieser Favoritenrolle um?
Wissen Sie, ich muss mich erst einmal von den Turbulenzen des letzten Sonntags erholen. Die Rede nach der Verleihung würde ja nur 45 Sekunden dauern. Wer weiß, ob ich in 45 Sekunden überhaupt einen Ton herausbringe.