Koordiniertes Vorgehen

Libyen: EU erwägt Notfallplan

Die EU plant als Reaktion auf die Ausschreitungen in Libyen eine scharfe Verurteilung des Polizeivorgehens. Und Brüssel arbeitet auch an einem Notfallplan, um verbliebene Europäer auszufliegen.

Mittagsjournal, 21.02.2011

Aus Brüssel,

Erschrecken und Empörung

In Brüssel überschlagen sich die Ereignisse. Die Botschafter der 27 EU-Staaten haben heute früh in einer Sondersitzung eine scharfe Verurteilung der Gaddafi-Reaktion auf die Protestbewegung ausgearbeitet. "Die Außenminister verurteilen die anhaltende Unterdrückung von friedvollen Demonstrationen in Libyen und bedauern die Gewalt und den Tod von Zivilisten", heißt in dem Entwurf für Schlussfolgerungen, der dem ORF vorliegt. Die Außenminister fordern darin ein sofortiges Ende der Gewalt und betonen die Meinungsfreiheit als Menschenrecht.

Die EU spitzt offenbar ihre Reaktion zu, vergessen der vorsichtige Appell. Staatsminister Werner Hoyer: Die EU-Staaten hätten "mit Erschrecken und Empörung zu Kenntnis genommen, welche Gewaltexzesse es in einigen Ländern gibt, insbesondere gestern in Libyen", sagte Hoyer in Brüssel. Besorgnis gebe es auch angesichts der Lage in Bahrain. "In beiden Fällen müssen wir sagen, die Gewalt muss ein Ende haben und das Recht auf Meinungsäußerung, auf Demonstration muss gewährleistet sein."

Notfallplan zur Evakuierung

Europa denkt aber angesichts der blutigen Eskalation auch an einen Notfallplan. Europäer müssen ausgeflogen werden. Wir sind äußerst beunruhigt", sagte die spanische Außenministerin Trinidad Jiménez. Es wird eine "Koordinierung" in der Frage geben, ob EU-Bürger in Sicherheit gebracht werden sollten. EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton sollte vor ca. einer halben Stunde ein Statement abgeben, lässt aber derzeit noch auf sich warten. Der britische Außenminister William Hague fordert einen angemessenen Schutz für Ausländer in Libyen: jeder, der könne solle in ein Linienflugzeug steigen.

Von einer Evakuierung sind EU-Bürger in der Stadt Benghazi betroffen, zunehmend aber auch im Großraum Tripolis. Denn das Treffen in Brüssel hat kaum begonnen, da platzt die Meldung herein, wonach ein Regierungsgebäude in Tripolis in Flammen steht.

OMV zieht Mitarbeiter ab

Im Großraum rund um die Hauptstadt befinden sich nach Angaben des Außenministeriums noch 80 Österreicher. Das größte heimische Unternehmen, die OMV, reduziert den Personalstand auf das Notwendigste. 11 OMV-Mitarbeiter samt Familie werden abgezogen, teilt das Unternehmen auf ORF-Anfrage mit. In Malta stehe eine Maschine des österreichischen Bundesheeres bereit.

Hilfe abhängig von Demokratiefortschritten

Am Nachmittag wollen die Außenminister die Zukunft der Nachbarschaftspolitik beraten. Deutschland fordert, Finanzhilfen stärker von Fortschritten bei demokratischen Reformen abhängig zu machen. Frankreich, Spanien, Griechenland, Slowenien, Malta und Zypern verlangen mehr Geld für die Region. Im Zeitraum von 2007 bis 2013 fließen rund acht Milliarden Euro in die Region.