Gaddafi-Sohn warnt vor Bürgerkrieg
Libyens Regime gerät ins Wanken
Die blutigen Unruhen in Libyen sind in der Nacht weitergegangen, jetzt wird auch in der Hauptstadt Tripolis gekämpft. Es kursieren Gerüchte, Staatschef Muammar Gaddafi sei geflüchtet. Demgegenüber erklärt sein Sohn Saif al Islam Gaddafi im Staatsfernsehen, sein Vater werde bis zum letzten Mann kämpfen.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 21.02.2011
Saif Gaddafi hält TV-Ansprache,
Saif Gaddafi warnt vor Bürgerkrieg
40 Minuten lang erläutert Saif al Islam Gaddafi, wie er die Lage in Libyen sieht. Es ist keine ausformulierte Rede, der zweitälteste Sohn Gaddafis bemüht sich, locker zu sein, gelassen- der Inhalt seiner Ausführungen aber ist ernst.
Saif Gaddafi warnt vor einem Bürgerkrieg, es gebe eine "Verschwörung" gegen das Land, sagt er. Reiche Geschäftsleute, Islamisten und Handelsorganisationen hätten arabische und afrikanische Ausländer angeworben, um die Revolte anzustacheln. Libyen solle in einzelne Einheiten zerschlagen werden, die nationale Einheit sei bedroht. Und er gibt zu, dass Demonstranten einige Militärstützpunkte und Panzer unter ihrer Kontrolle gebracht haben.
Kämpfe errreichen Tripolis
Tatsächlich halten Gaddafi-Gegner in Bengasi bereits Siegesfeiern ab, und in der Hauptstadt Tripolis toben schwere Kämpfe. Aufständische werfen Steine gegen Plakatwände, auf denen Gaddafi zu sehen ist. Die Polizei geht mit Tränengas gegen die Demonstranten vor. Es fallen Schüsse, Autos brennen.
"Reformen für ein neues Libyen"
Libyen ist nicht Tunesien oder Ägypten, betont der Sohn Gaddafis immer wieder. Das Regime werde sich mit aller Macht gegen die Revolte verteidigen - bis zum letzten Mann. Die Armee sei loyal und bestens bewaffnet. Zugleich stellt der 38-Jährige Reformen in Aussicht, um - so wörtlich - "ein neues Libyen zu schaffen".
Regime im Wanken
Ob die Erklärung des Gaddafis-Sohns die Libyer einschüchtert oder besänftigt, bleibt dahingestellt. Das Regime ist ins Wanken geraten. Gleich mehrere Diplomaten kündigen Gaddafi die Gefolgschaft auf: Der libysche Botschafter in Indien tritt zurück, er protestiert gegen die brutale Niederschlagung der Demonstrationen. Der Vertreter Libyens bei der Arabischen Liga will sich sogar den Aufständischen anschließen und so mancher Stammesführer ist hellauf begeistert von der Revolution.
Morgenjournal, 21.02.2011
Der Aufstand erreicht jetzt Tripolis, ein schlechtes Zeichen für die Familie Gaddafi. Saif Gaddafi hat schon vor einem Bürgerkrieg gewarnt - Saif gilt schon lange als Nachfolger des Staatschefs - ORF-Korrespondent Karim Al-Gawhari im Gespräch mit Andrea Maiwald
EU berät über Aufstände
Auch beim heutigen Treffen der EU-Außenminister in Brüssel werden die Ereignisse in der arabischen Welt im Zentrum stehen. Europa ruft angesichts der blutigen Eskalation vor allem in Libyen zum Dialog und einem Ende der Gewalt auf. Ländern wie Tunesien und Ägypten, die einen demokratischen Weg einschlagen wollen, soll verstärkte Wirtschaftshilfe angeboten werden.
Morgenjournal, 21.02.2011
Aus Brüssel,