Österreich in Zwickmühle

Wirtschaftliche Kontakte zu Libyen

Der blutige Kampf der Gaddafi-Diktatur gegen die Aufständischen bringt Österreich in eine wirtschaftspolitische und moralische Zwickmühle, denn für unser Land ist Libyen einer der wichtigsten Erdöllieferanten. Die Energiegesellschaft OMV fördert dort einen wesentlichen Anteil ihrer Ölproduktion. Größter Anteilseigner an der OMV ist die Republik Österreich und so stehen wirtschaftliche Interessen gegen politische.

Mittagsjournal, 23.02.2011

Grüne: "Rückzug Gebot der Stunde"

Die Grünen fordern, dass Österreich ab sofort kein Erdöl mehr aus Libyen kaufen soll - denn mit den Erlösen aus dem Ölgeschäft würde letztlich das Gaddafi-Regime finanziert. Die
Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig sagt, für die österreichische OMV müsse es ein Gebot der Stunde sein, sich aus Libyen zurückzuziehen und die Erdölförderung dort zu beenden: "Das ist eine politische Verantwortung, die es hier wahrzunehmen gilt", so Glawischnig. "Das Entgelt für diese Rohölimporte ist direkt Blutgeld, das an das Regime geht und mit dem die Menschen unterdrückt werden", so die Bundessprecherin der Grünen weiter. Es sei verantwortungslos, weiter mit dem Regime Geschäfte zu machen.

Eingriff des Staates in Geschäftspolitik?

Die Regierungspartei SPÖ hält ein Eingreifen der Republik in die Geschäftspolitik der OMV in Libyen für falsch. Aus der SPÖ heißt es dazu heute: Das Wichtigste sei die Sicherheit der Mitarbeiter, alles andere obliege dem Unternehmen OMV. Der Staat solle nicht eingreifen.
Die Freiheitlichen halten es für richtig, erst einmal die weitere Entwicklung in Libyen abzuwarten. Generalsekretär Harald Vilimsky meint, dass es viel zu früh sei, seitens der Republik eine Festlegung über einen Rückzug der ÖIAG aus der OMV zu treffen: "In Libyen ist gerade ein Systemwechsel im Gange. Wohin der führt, weiß noch niemand und bevor diese Frage nicht geklärt ist, wird es schwer sein, eine Festlegung zu treffen", so Vilimsky.

"Entscheidung nach unternehmerischen Gesichtspunkten"

Das BZÖ wiederum schließt ganz aus, dass die Republik über die von der ÖIAG verwalteten Anteile Einfluss auf die OMV nehmen soll. BZÖ-Obmann Josef Bucher hält eine Einwirkung in die Geschäftsführung für kontraproduktiv. Das BZÖ stehe für eine Privatisierung der OMV und "dafür, dass sich das Unternehmen am freien Markt zu bewähren hat", so Bucher.

Auch die Regierungspartei ÖVP ist gegen ein Eingreifen des Staates ins Libyen Geschäft österreichischer Firmen. ÖVP-Chef Josef Pröll ist als Finanzminister für die ÖIAG zuständig. Pröll sagt, das Öl aus Libyen sei ein großer ökonomischer Faktor. Man müsse aufpassen, jetzt nicht überschießend zu reagieren.

Außenminister Michael Spindelegger meint, das wichtigste sei, erst einmal alle Österreicher aus Libyen herauszubringen. Zum Thema OMV sagt der Minister: "Ich glaube, dass die Entscheidung des Unternehmens nach unternehmerischen Gesichtspunkten zu treffen ist. Natürlich ist dann, wenn es offiziell Sanktionen gegen ein Land gibt, auf deren Einhaltung Bedacht zu nehmen."

Asyl für Gaddafi-Familie?

Ein ganz anderes Thema sind die engen Kontakte der Familie Gaddafi zu Österreich. Saif Gaddafi hat ein Haus in Wien. Jahrelang gab es wirtschaftliche und politische Kontakte. Um Asyl in Österreich im Falle eines Umsturzes habe derzeit jedenfalls noch kein Mitglied der Familie des Diktators angesucht, sagt der Außenminister: "Wenn das der Fall ist, wird das exakt nach den Maßstäben beurteilt, die in unsrer Rechtsordnung festgehalten sind", so Spindelegger.
Derzeit sei das aber eine theoretische Frage. Im Moment gehe es vielmehr um die Frage eines Bürgerkriegs in Libyen.

Verurteilung der Gewalt

Der Mineralölkonzern OMV rechnet wegen der Gewalteskalation in Libyen mit einem Ausfall der libyschen Erdölproduktion. Für die Versorgung Österreichs bestehe aber keine Gefahr. Das libysche Öl könne durch Öl aus anderen Ländern ersetzt werden, sagt OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer. Trotz der Ausschreitungen will sich die OMV nicht aus dem Land zurückziehen, Ruttenstorfer verurteilt aber die Gewalt in Libyen.

Mittagsjournal, 23.02.2011