Libysche Beteiligungen in Europa
Ein Diktator im Aktionärskreis
Das von Unruhen erschütterte Libyen ist für Europa vor allem wegen seiner Öl- und Gasproduktion interessant. Umgekehrt ist Libyen in Europa aber auch als Investor aktiv. Die größten libyschen Beteiligungen gibt es in Italien - unter anderem bei der Bank-Austria-Mutter Unicredit.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 24.2.2011
Streit um UniCredit-Beteiligung
Die Libyer sind bei der Bank-Austria-Mutter UniCredit stark vertreten. Sie halten 7,5 Prozent der Aktien. Diese Beteiligung war innerhalb des Unternehmens nicht unumstritten. Vor allem, dass die Libyer ihren Anteil im Vorjahr aufgestockt haben, hat zu einem Streit geführt, der letztendlich den langjährigen Bankchef Alessandro Profumo den Job gekostet hat.
Die Krise in Libyen hat die UniCredit-Aktien Anfang der Woche ganz schön unter Druck gebracht. Zeitweise ist der Kurs um sechs Prozent eingebrochen. Trotzdem rechnen Analysten nicht damit, dass die UniCredit langfristig Probleme durch die libysche Beteiligung bekommen könnte.
Keine Angst vor Regime-Wechsel?
Selbst wenn die Libyer bei einem Regimewechsel die Aktien der UniCredit abstoßen, werde das nur kurzfristig den Kurs drücken. Langfristig könnte ein Regime-Wechsel sogar gut für die UniCredit sein, sagt Jörn Lange, Analyst bei der Raiffeisen Zentralbank: "Im vergangenen Jahr musste die UniCredit viel Kritik einstecken wegen einem Diktator im Aktionärskreis. Sollte sich die politische Landschaft in Libyen verändern, dürfte diese Kritik nachlassen."
Fußball und Autos
Aber auch sonst sind die Libyer in Italien stark vertreten. Sie sind an einem italienischen Rüstungskonzern ebenso beteiligt, wie am Fußball-Club Juventus Turin. Auch am italienischen Autohersteller Fiat hat Gaddafis Regime Anteile gehalten, bevor man diese im Jahr 2008 mit hohem Gewinn verkauft hat.
Keine Beteiligungen in Österreich?
In Österreich hat es vor zwei Jahren so ausgesehen, als ob Libyen beim weltgrößten Ziegelhersteller Wienerberger einsteigt. Das Investment ist dann aber nicht zustande gekommen.
Die Libyer hätten damals bei einer Kapitalerhöhung einsteigen können, wenn sich nicht genügend bestehende Aktionäre für die neuen Aktien interessiert hätten. Was aber dann nicht der Fall war, sagt eine Sprecherin. Derzeit sei ein Investment bei Wienerberger über der meldepflichtigen Schwelle von fünf Prozent jedenfalls nicht bekannt.
Financial Times, Immobilien, Aluminium
Beteiligungen der Libyer gibt es aber in einer Reihe anderer Länder. So ist die staatliche Investment-Gesellschaft mit drei Prozent an einem britischen Verlag beteiligt, zu dem auch die Wirtschaftszeitung Financial Times gehört. In der Türkei halten die Libyer fünf Prozent an einem Immobilienfonds, und in Russland rund drei Prozent am Aluminiumkonzern Rusal.
Die staatliche Investment-Gesellschaft des Gaddafi-Regimes hat für solche Beteiligungen beachtliche Summen aus der Ölgesellschaft zur Verfügung. Geschätzt wird das Vermögen des Fonds auf 70 Milliarden Dollar. Das wäre laut Financial Times Rang 13 auf der weltweiten Rangliste der Staatsfonds.