Auftritt beim Akkordeon Festival
Titi Robin im Porträt
Am 1. März 2011 gastiert im Rahmen des Akkordeon Festivals der französische Musiker Titi Robin in der Wiener Sargfabrik. Er spielt Gitarre, Oud und Bouzouki. Titi Robin ist musikalisch schwer einzuordnen, er hat einen sehr persönlichen Stil geprägt, der aus unterschiedlichen kulturellen Einflüssen, vor allem aus dem Mittelmeerraum, aber auch dem Orient kommt.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 01.03.2011
"Ich komme aus einer mediterranen Kultur, insofern als sie an eine Kultur anspielt, die vor langer Zeit sehr kohärent war - sei es musikalisch, politisch oder philosophisch - und die sich in meiner Musik ausdrückt", sagt Titi Robin im Interview. "Es ist eine Kultur der Länder, die an das Mittelmeer grenzen. Dazu kommt der Einfluss, den es immer schon gegeben hat: vom Norden Indiens über Zentralasien, den man etwa in der Poesie des Flamenco wieder findet: Da gibt es Metaphern, die denen in Zentralasien oder Nordindiens sehr ähnlich sind. Da gibt es wirklich diese Kohärenz!"
Insofern will Titi Robin nicht von Fusion reden hören, also keine Mischung aus verschiedenen Musikstilen. Es ist sein sehr persönliches Universum, mit den unterschiedlichen Einflüssen, die ihn geprägt haben, die er in seiner Musik ausdrückt. Und es sind eigene Kompositionen:
"Da ist nichts Exotisches dabei. Meine Musik-Universität ist - da ich Autodidakt bin - mediterran. Das ist die Geschichte meines Lebens und hat nichts mit einer Suche nach etwas Fernem, Exotischen zu tun. Ich gehe in mich. Ich habe eine Mischlingskultur, die gleichzeitig französisch, orientalisch und gipsy ist. Sie reflektiert mein Leben - ganz einfach!"
Kastenwesen auch in Frankreich
Unter seinen zahlreichen Projekten hat Titi Robin auch mit Flamenco-Musikern gearbeitet. Dabei ist es nicht leicht, in gewisse Communities, wie eben die Gipsys hineinzukommen: "Ich bin mit arabischen Gipsys groß geworden, und ich habe diese Grenzen, die durch diese Kasten gezogen werden, nicht gekannt. Diese Kasten sind sehr stark, vor allem in Frankreich, auch wenn man nicht darüber spricht. Man spricht lieber von den Kasten in Indien, aber in Frankreich, wo man sie nicht sehen kann, sind sie besonders stark. Aber ich habe das nicht gekannt. Wenn ich also komponiere oder musiziere, muss ich eine Harmonie zwischen diesen unterschiedlichen Kulturen finden, die ich geerbt habe."
Meist spielt er mit Musikern, die er schon lange kennt. So wie bei dem Konzert mit dem Percussionisten Ze Luis Nascimento, ein in Marseille lebender Brasilianer, der seit zehn Jahren Franzose ist, und mit dem französisch-polnischen Akkordeonisten Francis Varis, der in Paris lebt und stark vom Jazz geprägt ist.
Austausch der Kulturen
Er spielt keinen fix determinierten Stil, keinen Flamenco, keine Gipsy-Musik und keinen Jazz. Er habe einen Stil, der ihm entspricht, erfunden, sagt Titi Robin. Ganz anders ist das natürlich bei Projekten wie etwa mit dem pakistanischen Sänger Faiz Ali Faiz, einem Meister des Qawwali, den man auch den würdigen Nachfolger des großen Nusrat Ali Fateh Khan nennt. Natürlich bringt der dann auch seine Musiker mit.
Titi Robin sagt, das Komponieren falle ihm da leicht, denn "diese Musik gehört seit 30 Jahren zu meinem Leben, ich habe nicht erst für dieses Projekt angefangen für die Sufi-Poesie zu komponieren. Und deswegen habe ich mir erlaubt, diese Kompositionen vorzuschlagen!"
Titi Robin ist der Austausch der Kulturen ein großes Anliegen. Sein neuestes Projekt ist ein Triptychon, wie er es nennt, 3 CDs mit marokkanischen, türkischen und indischen Musikern. "Rives", also Ufer, wird die Edition, die vor Weihnachten erscheinen soll, heißen.
"Diese Beziehung zwischen Musikern aus dem Westen, die dann im Osten oder Süden ihre Inspiration suchen oder Musiker nach Europa mitbringen und hier ihre Geschäfte machen, so wie man Erdöl importiert, hat bei mir immer eine Malaise hervorgerufen", sagt Robin. "Ich, der ich ja immer zwischen verschiedenen Welten stand, wollte eine Hommage an diese Länder, die mich immer beeinflusst haben, machen. Und ich wollte die Aufnahmen in diesen Ländern machen. Also meine Musik, mit den Musikern aus diesen Ländern spielen, und das Resultat mit dem dortigen Publikum im Kontext der dortigen Wirtschaftsverhältnisse teilen. Gleichzeitig sollten mein Publikum und auch Journalisten sehen, dass, wenn meine Musik etwa von indischen, marokkanischen oder türkischen Musikern gespielt wird, das ganz etwas anderes ist, als wenn ich sie mit meinen üblichen Musikern spiele. Da gibt es große Unterschiede, aber auch Gemeinsames. Dabei kann man auch besser verstehen, welcher Part meine Kreativität ist und welcher die Einflüsse von außen sind!"
In einem Interview hat Titi Robin einmal erwähnt, er sei des Reisens schon ein wenig müde. Das war vor fünf Jahren. Für das Projekt "Rives" ist er wieder viel gereist, dazu kommen Auftritte und Tourneen. Das sei zwar sehr spannend und befriedigend, aber die Müdigkeit ist immer noch da...
Textfassung: Ruth Halle