Neue Schulideen im AzW

Fliegende Klassenzimmer

Nach heftigen Diskussionen sollen die Neuen Mittelschulen bereits "demnächst" nicht mehr nur als Schulversuch geführt, sondern zum flächendeckenden Konzept werden. Die neuen pädagogischen Konzepte brauchen dann auch neue Räume. Wie die aussehen können, veranschaulicht die Ausstellung "Fliegende Klassenzimmer" im Architekturzentrum Wien, die am 2. März 2011 eröffnet wird.

Kultur aktuell, 02.03.2011

Große bunte Raumschläuche aus elastischen Stoffen hängen da von der Decke. Die Kinder drängen sich hinein und machen die aufregende Erfahrung, dass sie sich entweder alleine hineinzwängen können oder aber gemeinsam mit ihren besten Freunden. Denn am meisten fehlen den Kindern in der traditionellen Schule Rückzugsmöglichkeiten, vor allem, wenn sie den ganzen Tag in der Schule sind.

"Es gibt viel zu wenig Plätze, wo man sich mal allein hinsetzen kann", beklagt eine Schülerin. Ein Schüler hat dazu schon eine Idee: "Eine gute Idee für Schulen wäre vielleicht eine Musikecke, wo man sich wirklich gut erholen kann." An manchen Schulen gibt es so etwas schon. "Der liebste Platz an der Schule sind die Couchen, die im obersten Stockwerk stehen", wo auch Radio gehört werden kann, erzählt eine Schülerin. Dort können sich die Kinder ungestört unterhalten. Niemand stört.

Kinder entwerfen ihre Traumschule

Auch wenn die Bedeutung des Schulraumes für den Lernerfolg heute bereits erkannt ist, ist ein Großteil der Schüler noch immer in Gebäuden untergebracht, die im 19. Jahrhundert als Disziplinier-Anstalten entworfen wurden. Für diese Ausstellung konnten die Schüler nun ihrer Kreativität freien Lauf lassen und in Workshops ihre Traumschule entwerfen.

"Architekt/innen und Künstler/innen haben mit den Schülern gemeinsam Räume gebaut. Für die Schüler gehe es da um die Erfahrung im Maßstab 1:1", sagt Antje Lehn, die die Ausstellung zusammen mit Christian Kühn konzipiert hat. So können die Kinder hier mit traditionellen Schulmöbeln experimentieren, Kaugummiskulpturen gestalten oder auf Schultafeln ihre Ideen austauschen. An den Wänden befinden sich Schautafeln, die die Entwicklung des Klassenraumes von der Zeit Maria-Theresias bis heute veranschaulichen.

Räume besser nützen

Ein separater Raum ist Modellen gewidmet, die innovative Schulprojekte aus den Jahren 1950 bis 1980 zeigen. Wie neue Klassenräume funktionieren, kann man selbst an einem kleinen achteckigen Pavillon testen, der hier mitten im Ausstellungsraum platziert ist. Er ist voll weicher Pölster, auf denen sich 25 Schüler zusammenkuscheln können, und stammt aus einer dänischen Schule. Denn die neue Pädagogik sieht vor, dass sich Kinder auch bewegen dürfen und ihre Körper nicht permanent ruhig gestellt werden müssen.

Christian Kühn, der an der TU Wien eine Professur am Institut für Gebäudelehre bekleidet und sich im Baukulturbeirat sehr für den Schulbau in Österreich engagiert, sagt, "dass man wahrscheinlich durch neue Organisationsformen, neue Pädagogik durchaus effizienter unterrichten kann, Räume besser nutzen kann." Das lineare Denken, dass man immer mehr Fläche brauche, sei eigentlich gar nicht logisch, "sondern dass man Dinge einmal radikal neu denken kann und dann auch effizienter arbeiten kann in den bestehenden Strukturen".

Die Ausstellung "Fliegende Klassenzimmer" wurde bereits in Mürzzuschlag gezeigt, wo sie bei Kindern und Lehrern auf begeistertes Interesse stieß.

Textfassung: Ruth Halle

Service

AzW - Fliegende Klassenzimmer