Wie Österreich an Libyen verdient
Jahrzehnte lang gute Geschäfte
Österreich hatte kaum je Probleme mit dem libyschen Staatsführer Muammar al-Gaddafi. Die für beide Seiten profitablen Beziehungen gehen Jahrzehnte zurück: auf die Entspannungspolitik des damaligen Kanzlers Bruno Kreisky und noch davor auf das Engagement der OMV, die bereits seit den 1970er Jahren in Libyen tätig ist.
27. April 2017, 15:40
Besuche und Orden
Bereits 1982 lud Kreisky Gaddafi zu einem viertägigen Staatsbesuch nach Wien. Damals galt der libysche Diktator noch als "gefährlichster Mann der Welt". 1989 verlieh Gaddafi Altbundeskanzler Bruno Kreisky den höchsten Orden seines Landes, auch als Zeichen der freundschaftlichen Beziehungen der beiden Länder. 15 Jahre später überbrachte FPÖ-Chef Jörg Haider einen Brief des regierenden österreichischen Kanzlers Wolfgang Schüssel (ÖVP) nach Libyen: Der Kanzler hoffe auf eine "verstärkte Zusammenarbeit", hieß es darin.
25 Unternehmen vertreten
Bis vor kurzem war Libyen der wichtigste Handelspartner Österreichs in Afrika. Als aktuellste Zahlen nennt die Wirtschaftskammer ein Exportvolumen von 274 Millionen Euro von Januar bis November 2009. Im gleichen Zeitraum bezifferten sich die Importe demnach auf 704 Millionen Euro. Insgesamt sind derzeit etwa 25 Unternehmen aus der Alpenrepublik in dem nordafrikanischen Land vertreten. Die größte Rolle dabei spielen die OMV, der Zementhersteller Asamer und der Bauriese Strabag.
Engagement ausgebaut
Die OMV ist bereits seit 1975 in Libyen präsent, anfangs mit der Suche nach Ölvorkommen, später auch mit wachsender Ölförderung. 1985, während der US-Sanktionen im Zusammenhang mit der Verwicklung Libyens in das Flugzeug-Attentat von Lockerbie, brach Österreich im Gegensatz zu vielen anderen Ländern die Wirtschaftsbeziehungen nicht ab. Im Gegenteil: Es wurden weitere Ölfelder hinzugekauft. Und so blieb auch die OMV als einer von sieben Ölkonzernen im Land. Im Sommer 2008 verlängerte die OMV die Verträge für zwei wichtige Ölfelder in Libyen bis 2032 zum Preis von 157 Millionen Euro.
Nach Angaben des Unternehmens fließt Öl aus Libyen vor allem in die OMV-Raffinerien Schwechat und Burghausen an der deutsch-österreichischen Grenze. Die daraus gewonnenen Erzeugnisse werden anschließend in Europa verkauft.
Bauprojekte
Der Zementhersteller Asamer erwarb 2008 die Mehrheit an drei wichtigen Zementwerken und erzielt heute mit rund 100 Millionen Euro im Jahr fast 20 Prozent des Umsatzes der gesamten Gruppe in Libyen. Ebenfalls 2008 hat der Baukonzern Strabag erste Aufträge aus Tripolis übernommen. Mit einem Umsatz von zuletzt 150 Millionen Euro im Jahr leitet der Bauriese vor allem Infrastrukturprojekte wie die Flughafen-Autobahn. Konkurrent Porr ist ebenfalls mit Infrastrukturprojekten im nordafrikanischen Land tätig und baut unter anderem das Stadion Tripolis für die kontinentale Fußball-Meisterschaft Africa Cup of Nations 2013.
Krankenhaus und Fruchtsaft
Am Aufschwung, den der Ölboom dem Wüstenstaat bescherte, schnitten auch die Geschäftspartner in Österreich mit. Nachdem der UN-Sicherheitsrat im September 2003 die Sanktionen gegen Libyen aufhob und sich das Land wirtschaftlich öffnete, waren die österreichischen Unternehmen vorn mit dabei. Die langjährig gepflegten Beziehungen nutzten viele, vom Krankenhaus-Ausstatter Vamed über das Hightech-Unternehmen Frequentis bis hin zu den Fruchtsaft-Herstellern Pfanner und Rauch. (Quellen: DPA, APA)