Nach Aufforderung durch Pröll
Lobbyisten-Affäre: Strasser geht
Der EU-Parlamentarier Ernst Strasser (ÖVP) zieht die Konsequenzen aus den Vorwürfen rund um eine Lobbyisten-Affäre in Brüssel und verkündet seinen Rücktritt. Zuvor hatte ÖVP-Chef Josef Pröll selbst Strasser zu diesem Schritt aufgefordert.
8. April 2017, 21:58
Nachrichten, 20.03.2011
"Kampagne gegen mich"
Strasser hat seinen Rücktritt am Sonntag gegenüber der Austria Presseagentur (APA) bekanntgegeben. "Ich habe mich zu dem Schritt entschlossen, weil es in Österreich eine Kampagne gegen mich gegeben hat", sagte Strasser. Diese habe eine "Optik erzeugt, die der Volkspartei schadet."
"Verhalten Strassers inakzeptabel"
Pröll hatte vorher am Sonntag in einer Aussendung den "umgehenden Rücktritt" Strassers verlangt. Er solle alle politischen Funktionen niederlegen und eine "unmissverständliche Entschuldigung" an all jene richten, die "ihm bisher das Vertrauen geschenkt haben: seinen Wählerinnen und Wählern, den tausenden größtenteils ehrenamtlich engagierten Funktionärinnen und Funktionären der Volkspartei", so Pröll. Das Verhalten Strassers sei "inakzeptabel" gewesen, so Vizekanzler Pröll. Aufgabe der Politik sei es, "den Menschen zu dienen". Diesem Prinzip habe Strasser "ganz offensichtlich auf unentschuldbare Weise zuwider gehandelt", so der ÖVP-Bundesparteiobmann.
Bericht der "Sunday Times"
Anlass ist die Veröffentlichung eines Berichtes der britischen Zeitung "Sunday Times", durch den Strasser die Annahme von Bestechungsgeldern nachgewiesen werden konnte. Laut Pressesprecher Daniel Kapp erfuhr Pröll von den Enthüllungen der britischen Zeitungen am Krankenbett und entschied sich umgehend, Strasser zum Rücktritt aufzufordern. Pröll befindet sich derzeit aufgrund einer Lungenembolie in der Innsbrucker Universitäts-Klinik.
Video als Beleg
Strasser soll gegenüber vorgeblichen Lobbyisten zugestimmt haben, gegen Bezahlung eines jährlichen Gehalt von 100.000 Euro Gesetze und Änderungsanträge im EU-Parlament einzubringen. Journalisten der britischen "Sunday Times" haben entsprechende Unterredungen mit Strasser auf Video aufgezeichnet, wird in der Sonntags-Ausgabe der Zeitung berichtet.
Wie bereits zuvor bekanntwurde, werfen zwei Fraktionskollegen im EU-Parlament - Othmar Karas und Hella Ranner - dem ehemaligen Innenminister vor, die Einbringung eines Änderungsvorschlags zum Anlegerschutzgesetz urgiert zu haben. Den Reportern der "Sunday Times" gegenüber soll er gesagt haben, es sei ein Kompromiss darüber mit "zwei wesentlichen Leuten" erreicht worden.