Roman von Najat el Hachmi
Der letzte Patriarch
Die Wahrheit über eine Tochter, die die Geschichte einer Familie auf immer verändert. Davon erzählt Najat el Hachmi in ihren Roman "Der letzte Patriarch". Es ist die Geschichte der Selbstbefreiung einer jungen Frau aus familiärer Enge und väterlicher Obsession, ihre Selbstbehauptung in einem neuen Land und einer neuen Sprache.
8. April 2017, 21:58
kultur aktuell, 22.03.2011
Und auch ein wenig die Autobiografie der Autorin, die in Marokko geboren wurde und in Katalonien aufgewachsen ist. Am Montag, 21. März 2011 hat Najat El Hachmi in Salzburg aus ihrem Roman gelesen und über ihre Rolle als Schriftstellerin gesprochen. Am Dienstag um 19:00 Uhr liest Najat el Hachmi in der Hauptbibliothek in Wien.
Herrschsüchtig und gewalttätig
Mimoun ist weniger Patriarch als Familientyrann, eifersüchtig, allerdings selbst sexbesessen, versoffen, herrschsüchtig und gewalttätig. In der Augen seiner Tochter, der Ich-Erzählerin, erscheint manches an ihm dennoch liebeswert: denn Najat El Hachmit wählt auf weite Strecken die Erzählhaltung eines Kindes. Ironie ist dabei ein wesentliches Kennzeichen: "Die Ironie hilft dem Mädchen, die Tragik und die brutale Realität zu ertragen."
Flucht in die Sprache
Die Erzählerin flüchtet sich auch in die Sprache, sie liest das katalanische Wörterbuch, um sich mit etwas anderem als dem Familienterror zu beschäftigen. Wie die Hauptfigur ihres Romans ist auch Najat El Hachmi ist Marokko geboren und als Mädchen mit der Familie nach Katalonien gekommen. Die katalanische Sprache ist ihre Schulsprache und jene Sprache, in der sie schreiben gelernt hat. In ihrer Muttersprache Amasik, einer Berbersprache, gibt es bis heute keine Schrift.
"Ich glaube, dass ich viel gelesen habe, das hat mir geholfen, mich in die katalanische Gesellschaft einzufügen und von ihr aufgenommen zu werden", so die Autorin.
Die Geschichte im "Letzten Patriarchen" ist auch die Geschichte einer Emanzipation: "Um dich zu emanzipieren, musst du deine eigene Geschichte verstehen und um die Geschichte zu verstehen, brauchst du die entsprechenden Worte, um die Geschichte zu beschreiben."
Große Gegensätze in arabischen Ländern
Mit großem Interesse und auch mit viel Wohlwollen blickt Najat El Hachmi zurzeit auf eine andere Emanzipation: Auf jene Rebellion, die arabische Länder, vor allem in Nordafrika erfasst hat. Sie habe keinen genauen Einblick in die Vorgänge, weil sie schließlich in Barcelona lebe, meint El Hachmi: "Unser stereotyper Blick auf die nordafrikanischen Länder wird Lügen gestraft, denn es zeigt sich, dass es zwischen Ägypten und Tunesien auf der einen Seite und Libyen auf der anderen doch sehr große Gegensätze gibt."
Weshalb Najat El Hachmi auch nur der Revolution in Tunesien und Ägypten gute Chancen gibt, dass sie gelingen könnte.