Kohlenhydrate machen nicht dick, sondern schlank?
Rehabilitierte Kohlenhydrate
Kohlenhydrate sind als Dickmacher in Verruf geraten, obwohl die offiziellen Empfehlungen für ausgewogene Ernährung anders aussehen: Das Gesundheitsministerium zum Beispiel empfiehlt, pro Tag vier Portionen Getreide, Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffeln.
8. April 2017, 21:58
Kohlenhydrate machen dick - so lautet das Credo diverser Diäten, die Kohlenhydrate entweder streichen, oder drastisch zugunsten von Eiweiß oder Fett reduzieren, oder auf bestimmte Tageszeiten beschränken. Dahinter steckt die Idee, dass durch einen Mangel an Kohlenhydraten der Körper seine Fettdepots anknabbern muss, um Energie zu bekommen. Anwender/innen berichten gerade zu Beginn einer solchen Ernährungsform von Erfolgen, doch langfristig?
Internationale Empfehlungen für Kohlenhydrate
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt zum Beispiel 55 Prozent der täglichen Energiemenge aus Kohlenhydraten zu decken; in den gemeinsamen Richtwerten der deutschen, österreichischen und Schweizer Gesellschaften für Ernährung (D-A-CH-Referenzwerte) nehmen Kartoffel- und Getreideprodukte zumindest 50 Prozent ein. Das österreichische Gesundheitsministerium rät, pro Tag vier Portionen Getreide, Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffeln zu essen. Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung gibt als Richtwert an, dass mindestens die Hälfte der täglichen Energiezufuhr für eine ausgewogene Mischkost in Form von Kohlenhydraten zugeführt werden soll. Und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt schlichtweg "reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln.
Den Bedürfnissen entsprechend essen
Die Ernährungswissenschaftlerin Christina Lachkovics-Budschedl rehabilitiert Kohlenhydrate nun: "Wir brauchen einfach Kohlenhydrate prinzipiell, um zu funktionieren. Dann ist es wichtig zu wissen, dass auch das Gehirn hauptsächliche Kohlenhydrate durchlässt, es ist abhängig von Glukose. Letztendlich ist es so, dass Kohlenhydrate uns helfen, sämtliche wichtige Nährstoffe, Mineralstoffe und vor allem Ballaststoffe aufzunehmen und sie machen auch glücklich."
An Übergewicht seien nicht Reis, Kartoffeln oder Brot schuld, sondern dass viele verlernt haben, den Bedürfnissen entsprechend zu essen. Die Ernährungswissenschaftlerin setzt Kohlenhydrate in der Ernährungsberatung sogar zum Abnehmen ein: Nur im Feuer der Kohlenhydrate verbrenne der Körper Fett.
"Die Fettverbrennung kann nur dann einsetzen, wenn wir den Körper so versorgen, dass er alles bekommt, was er braucht. Dann kann er parallel das hergeben, was er nicht braucht, das ist dann das Fett", sagt Lachkovics-Budschedl.
Dazu seien aber zwischen den Mahlzeiten Pausen von mehreren Stunden essentiell; nicht einmal süße oder milchhaltige Getränke seien erlaubt. "Je nach Mahlzeit braucht es eineinhalb bis zwei Stunden, bis ich in die Fettverbrennung komme, bis mein Blutzucker auf ein gewisses Niveau fällt. Erst ab einem gewissen Niveau verbrenne ich Fett", sagt Lachkovics-Budschedl.
Service
Christina Lachkovics-Budschedl, "Kohlenhydrate sind keine Dickmacher. Garantiert abnehmen mit dem 10-Wochen-Plan", Kneipp-Verlag
WHO-Empfehlungen
Gesundheitsministerium - Ernährungspyramide
D-A-CH-Referenzwerte für die Protein-, Fett- und Kohlenhydratzufuhr
Österreichische Gesellschaft für Ernährung - Leitlinien für Getreide- und Kartoffelprodukte