Mit Theater die Welt verändern
Hannan Ishay, Regie
Durch die Schule kam er zum Theater: der Israeli Hannan Ishay, Jahrgang 1983, der am Reinhardt Seminar Regie studierte und im Juni abschloss. Seine Diplomregie "RRR" nach Shakespeares "Richard III." zeigte er schon 2010. Am 19. August präsentiert er bei der "Internationalen Sommerakademie" sein Projekt "Anywhere but here".
27. April 2017, 15:40
"Schon als Kind bin ich sehr viel ins Theater gegangen. In der Schule hatte ich dann die Möglichkeit, viel über Theater zu erfahren – von Technik bis Regie.
Die Entscheidung, was ich am Theater machen will, hat bei mir länger gedauert. Ich habe es zunächst als Schauspieler versucht, so in Joseph Cedars preisgekröntem Film 'Beaufort'. Damals wurde mir klar, dass ich als Regisseur viel mehr Möglichkeiten der Gestaltung habe", erzählt Hannan Ishay, gebürtiger Israeli aus Tel Aviv, Jahrgang 1983, über seine Anfänge.
Seit 2007 studiert er Wiener Max Reinhardt Seminar Theater-Regie und wird im Juni 2011 abschließen.
Nach seiner Matura an der Thelma Yellin Kunstschule, die er 2001 mit Auszeichnung absolvierte, war er zunächst im "Hassiffria" Theater als Regieassistent und Produktionsleiter tätig.
Nach dem Militärdienst arbeitete Ishay als Bühnen-Beleuchter und -Techniker und wirkte auch als Schauspieler in israelischen TV- und Filmproduktionen mit.
Durch Zufall nach Wien
Um seinen Horizont zu erweitern, wollte Hannan Ishay im Ausland studieren. Zunächst ging er nach Berlin, nach Wien kam er durch Zufall:
"Ich bin mit meiner Wahl sehr glücklich, denn hier sind Schauspiel- und Regie-Ausbildung stark miteinander verbunden."
Das Publikum im Fokus
"Ich verstehe Regie als Instrument, um mit den Menschen zu kommunizieren. Es soll für das Publikum erlebbar sein, was ich ihnen mitteile - ob es nun gesellschaftliche oder politische Fragen sind.
Man muss Raum für eigene Ideen schaffen, aber auch Freiraum für die Schauspieler/innen lassen", erläutert Ishay seinen Zugang.
Von Tschechow bis Haratischwili
Seit 2008 konnte der junge Nachwuchs-Regisseur Theater-Praxis im Rahmen seiner Ausbildung sammeln:
Er inszenierte "Gram" nach Tschechow im Wiener "Salon5" (2008), sein eigenes Stück "Am Fenster, morgens" ebenfalls im "Salon5", die Österreichische Erstaufführung von Nino Haratischwilis "Georgia" beim "ZORN!"-Seminar-Theaterfestival und wirkte bei der szenischen Umsetzung von "Vor dem Gesetz" (Konzept: Markus Kupferblum) im Wiener Justizpalast mit (alle 2009).
Diplom-Regie mit "RRR"
Zu einer der wichtigsten Inszenierungen von Hannan Ishay zählt "RRR" nach Shakespeares "Richard III.", die er als Diplomarbeit im November 2010 am Reinhardt Seminar zeigte:
"In dieser Arbeit habe ich versucht, die Grausamkeit als gesellschaftliches Phänomen zu untersuchen. Und wie eng sie mit den Opfern verbunden ist. Ich habe aus dem Ensemble einen Richard-Körper geformt - eine siebenköpfige Hydra - aus der alle Figuren entstanden.
Es ist ein System, das einen Teufelskreislauf bildet: es schafft Opfer, die neue Opfer schaffen. Die Opfer sehen aber ihre Grausamkeit gegenüber anderen nicht - und so dreht sich dieses System immer weiter und endet nie."
"Schlanker Soldat" bei "Young Actors Week"
Eine andere wichtige Regie Ishays war Hanoch Levins "Der schlanke Soldat", den er selbst übersetzte und der als Seminar-Produktion auch bei der Salzburger "Young Actors Week" im August 2010 gezeigt wurde:
"Dieses späte Stück Levins beschäftigt sich mit dem Amphytrion-Stoff: der Soldat, der aus dem Krieg heimkehrt und dessen Platz von jemand anderem eingenommen wird.
Levin geht über Plautus und Kleist hinaus: bei ihm sind alle drei Figuren - der Schlanke, der Dicke und der Sterbende Soldat - Sosia. Es geht hier um Grundbedürfnisse: eine Frau, ein Bett, ein Dach über dem Kopf. Aber die Welt-Ordnung ist nicht so, dass die Guten dies bekommen, und die Bösen nicht.
Die Fragen nach Identität und Grundbedürfnissen stellt schon Plautus. Aber die Trostlosigkeit, dass alle drei Sosia sind und nur bei einem die Grundbedürfnisse erfüllt werden, ist neu.
Ich habe hier Fragen gestellt: Was nehmen wir als selbstverständlich an? Wie wach oder blind sind wir für das, was wir haben - und andere nicht haben? Und wie selbstverständlich akzeptieren wir die Trostlosigkeit der Welt, als 'von oben' gegeben?"
Performance bei "isa"
Im Rahmen der "Internationalen Sommerakademie PragWienBudapest" (isa) gestaltet Ishay am 19. August 2011 auf Schloss Wartholz die Performance "Anywhere but here" mit Texten von Thomas Bernhard und eigenen Texten. Das musikalische Programm reicht von Bach bis Liszt.
Mitwirkende sind Studierende des Reinhardt Seminars sowie die "isa"-Pianist/innen Nareh Arghamanyan und Andrés Añazco.
Die Welt verändern
Wie lauten die Zukunftswünsche des jungen Regisseurs?
"Ich möchte international arbeiten. Die Zukunft wird zeigen, ob mein Traum vom eigenen Theater in Erfüllung geht. Vor allem aber mit Theater die Welt zu verändern - zu diesen kindlichen Traum habe ich noch immer", so Hannan Ishay.
Service
E-Mail - Hannan Ishay
Max Reinhardt Seminar
The Thelma Yellin High School of the Arts
IMDb - Beaufort (2007)
Internationale Sommerakademie PragWienBudapest (isa)
Kulturwoche.at - "Georgia" - Kritik
TAG - "Sei mein Held!" - Die Werktage 11/12
Young Actors Week
Wikipedia - Hanoch Levin