Erster grüner Regierungschef?
Winfried Kretschmann: Grün, bürgerlich
Der Spitzenkandidat der baden-württembergischen Grünen, Winfried Kretschmann, könnte der erste Ministerpräsident der Ökopartei in Deutschland werden. Als wertkonservativer Katholik entspricht er keinesfalls dem typischen Bild eines Grünen und genießt wohl gerade deshalb auch in bürgerlichen Kreisen großes Ansehen.
8. April 2017, 21:58
Porträt von Winfried Kretschmann
Mittagsjournal, 28.03.2011
Anerkannter Politiker
Im Stuttgarter Landtag gilt der Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann als scharfzüngiger, wertkonservativer Redner, der durchdacht und fundiert argumentiert - wenn es um die Risiken der Bio- oder Gentechnik geht, um islamischen Religionsunterricht oder die Frage, ob muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch unterrichten dürfen.
Persönliche Attacken
Die CDU und ihr bisheriger Regierungschef Stefan Mappus hatten in Kretschmann schon im Vorfeld der Wahlen einen gefährlichen Gegner gesehen und ihn auch persönlich bei ihren Attacken ins Visier genommen. Denn er genießt Sympathie und Vertrauen bis tief in bürgerliche Kreise hinein. Der 62 Jahre alte Ethiklehrer gehörte schon der ersten grünen Parlamentsgruppe an, die 1980 in Stuttgart erstmals in das Parlament eines Flächenlandes einzog.
Vertrauen auf dem Land
Ende 2000 wurde er als erster Grüner in das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählt und gehört zudem dem Diözesanrat des Erzbistums Freiburg an. Mit seiner wertkonservativen Grundhaltung entspricht der Lehrer für Ethik, Biologie und Chemie so gar nicht dem typischen Bild eines Grünen. Aber gerade mit seinem bedächtigen, ernsthaften Wesen hat der langjährige Oppositionspolitiker meist im dunklen Anzug mit randloser Brille und markantem grauem Bürstenhaarschnitt auch in konservativen ländlichen Regionen Vertrauen gewonnen.
Kirchenchor und Schützenverein
Seit 36 Jahren ist er mit einer Grundschullehrerin verheiratet. Die beiden haben drei erwachsene Kinder - zwei Söhne und eine Tochter. Kretschmann geht in der Freizeit gerne mit seiner Frau auf der Schwäbischen Alb wandern, wo er "jeden Felsen kennt." Noch heute empfindet er nach eigenen Worten eine tiefe Liebe zur Natur, die ihn auch vor mehr als 30 Jahren zu den Grünen gebracht hat. Im kleinen Ort Laiz bei Sigmaringen wohnt er in einem ehemaligen Bauernhaus, gehört dem Kirchenchor und dem Schützenverein an.