Oscar-nominierter Streifen "Winter's Bone"
Knochenharter Job
Der amerikanische Autor Daniel Woodrell ist ein Spezialist für düstere Familiengeschichten in der amerikanischen Provinz, so auch in seinem 2006 erschienenen Roman "Winter's Bone". Nun hat US-Regisseurin Debra Granik den Roman verfilmt und dafür vier Oscar-Nominierungen erhalten, darunter für Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 31.03.2011
Autowracks im Wald, Wohnsiedlungen gleichen Müllplätzen, die Natur zeigt ihre hässlichen Seiten, auf dem Speiseplan der Menschen stehen Eichhörnchen und während Kinder anderswo mit Puppen oder Stofftieren spielen, gehört hier die Schulung am Gewehr von Anfang an zum Überlebenspaket. Das Leben in den Ozark Mountains in Südmissouri lädt niemanden auf Stück Freundlichkeit ein, und als wär es nicht schon schwierig genug, kommt auf die 17-jährige Ree (Jennifer Lawrence) eine fast unlösbare Aufgabe zu: Sie muss ihren Vater, der wegen Drogenvergehen gesucht wird, finden, sonst verliert die Familie das Haus an die Kautionsgeber.
Emotionale Verhärtung
Die unwirtliche Gegend prägt die Menschen, sie sind misstrauisch, verschlossen und gereizt. Das erschwert die Suche nach dem Vater. Überall stößt Ree auf Schweigen und Ablehnung. Wie sie dennoch nicht aufgibt, sich also gegen das Bollwerk der emotionalen Verhärtung auflehnt, das erzählt Regisseurin Debra Granik mit Zurückhaltung und einem ethnografischen Blick auf die Figuren aus dem White Trash Milieu: ausgemergelte Körper, zerfurchte Gesichter, zerzauste Bärte, das karierte Flanellhemd sowieso. Trotz der genauen Beobachtung, so Regisseurin Debra Granik, wäre es aber unmöglich, "manche Figuren auf der Leinwand exakt der Wirklichkeit entsprechend nachzuahmen."
Geschichte einer Emanzipation
Am Ende bekommt diese Mixtur aus Western, Familiendrama und Thriller auch noch einen Touch Horror, doch von Genrekonventionen lässt sich Debra Granik ohnehin nicht ins Zeug pfuschen. Denn "Winter's Bone" ist vor allem die souverän geführte Geschichte einer Emanzipation: eine junge Frau gegen mehrere alte Männer, von der Selbstverteidigung zum Selbstvertrauen und zur Selbstverantwortung. Selbst in beträchtlicher sozialer Verwahrlosung lässt sich also ein menschliches Antlitz finden, auch wenn das ein knochenharter Job ist.