Neue Hiobsbotschaften

Finanzkrise und Politkrise

Nach dem Rücktritt der sozialistischen Minderheits-Regierung in der Vorwoche sind nun Neuwahlen für den 5. Juni festgesetzt worden. Bis dahin kämpft die Übergangsregierung gegen neue Rückschläge: So wurde jetzt bekannt, dass das Defizit-Ziel fürs Vorjahr klar verfehlt wurde.

Morgenjournal, 01.04.2011

Regierung an Sparkurs gescheitert

Für Portugals Wirtschaft wird es immer enger. Die verzweifelten Versuche der Regierung, dem Euro-Schutzschirm zu entkommen, haben einen weiteren Rückschlag erlitten. Im Kampf gegen das wachsende Defizit musste die Minderheitsregierung von Jose Socrates vergangene Woche die erste Niederlage hinnehmen. Mit seinem vierten Sparpaket in Folge war der sozialistische Ministerpräsident im Parlament abgeblitzt und danach zurückgetreten. Die Opposition, die drei Maßnahmenpakete mitgetragen hatte, verweigerte beim letzten Sparvorhaben das Einverständnis und brachte die Minderheitsregierung zu Fall.

Ziele zu hoch gesteckt

Ministerpräsident Jose Socrates sah sich nicht mehr in der Lage, den von der EU-Kommission akzeptierten Sanierungsplan einzuhalten. Eine Woche nach dem Rücktritt wird deutlich, dass der Regierungschef an zu hoch gesteckten Zielen gescheitert ist. Die für 2010 versprochene Senkung des Defizits auf 7,3 Prozent wurde klar verfehlt. Tatsächlich lag das Defizit fürs Vorjahr, wie das statistische Amt in Lissabon gestern bekannt gab, bei 8,6 Prozent. Statt die Gesamtschulden – wie geplant – mithilfe von Steuererhöhungen und Lohnkürzungen in den Griff zu bekommen, sind sie weiter gestiegen. Der Plan zur Sanierung der Wirtschaft, den José Socrates den Euro-Partnern selbstbewusst präsentiert hatte, ist in Frage gestellt.

Bilanzen geschönt

Allen Zusicherungen zum Trotz war es der Regierung nicht einmal gelungen, das erste Etappenziel des Sparkonzeptes zu erreichen. Der noch amtierende Finanzminister gibt den neuen Regeln bei der Berechnung des Defizits die Schuld, muss sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen, die Bilanzen geschönt zu haben. Seit dem Rücktritt der Regierung sind die Zinsen der Staatsanleihen weiter gestiegen – inzwischen auf deutlich über 8 Prozent. Diese Marke hatte Finanzminister Teixeira dos Santos vor wenigen Tagen noch als Schmerzgrenze genannt, darüber seien die Zinsen nicht mehr finanzierbar.

Rettungsschirm nach der Wahl

Der Finanzminister schließt zurzeit einen Antrag auf EU-Finanzhilfe aus: Die Übergangsregierung könne diesen Schritt nicht setzen. Die undankbare Aufgabe fällt der nächsten Regierung zu, die nach den Neuwahlen am 5. Juni aller Voraussicht nach von der konservativen PSD gestellt wird. Trübe Aussichten für einen Wahlsieger, unmittelbar nach der Amtsübernahme unter dem Euro-Rettungsschirm Zuflucht suchen zu müssen.

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