Eröffnungsausstellung im Nationalmuseum Peking

Die Kunst der Aufklärung

In China wurde am Freitag, 1. April 2011, die größte Auslandsausstellung im gerade wieder eröffneten Nationalmuseum am Platz des Himmlischen Friedens eröffnet. Kann es genau an diesem Platz, wo vor über 20 Jahren die Studentenproteste blutig niedergewalzt wurden, einen Dialog über die Werte der Aufklärung geben?

Kulturjournal, 01.04.2011

Deutschland präsentiert sich seit Freitag mit "Kunst der Aufklärung" in China. Die Ausstellung im renovierten Nationalmuseum von Peking, dem größten Museum der Welt, ist zugleich die bislang umfangreichste deutsche Kunstausstellung im Ausland. Fast 600 Werke und Objekte aus staatlichen Sammlungen in Berlin, Dresden und München werden ein Jahr lang in der chinesischen Hauptstadt gezeigt. Das Thema selbst ist für China ein Politikum.

Dass die Chinesen ihr umgebautes Nationalmuseum auch mit einer Schau aus dem Ausland wieder in Besitz nehmen, halten viele für eine Geste der Offenheit. Dass sie dafür das Thema "Aufklärung" wählten oder zumindest nicht ablehnten, scheint souverän. Letztlich wirkt der Titel der Ausstellung doppeldeutig. Zum einen geht es um Kunst einer wichtigen Epoche Europas, als sich der Kontinent von Absolutismus und Dogmen verabschiedete. Zum anderen geht es um die Kunst, Werte zu vermitteln, um die Kunst der Diplomatie. Nach den Ereignissen in der arabischen Welt hatte China zuletzt jeden Ansatz von Protesten im eigenen Land rabiat zu unterdrücken versucht.

Die Aufklärung und ihre Wirkung

Wer den Weg zur "Kunst der Aufklärung" in Peking beschreitet, muss zunächst durch eine Sicherheitsschleuse. Vorsicht ist auch in China die Mutter der Weisheit, in Zeiten terroristischer Bedrohung gilt das besonders. Als Blickfang und Werbeträger der Schau dient Gottlieb Schicks "Porträt der Heinrike Dannecker" (1802) aus den Berliner Museen. Köpfe führender Aufklärer wie Lessing, Kant, Voltaire und Schiller flankieren die riesige Schautafel am Eingang. Danach kann der Besucher in neun Abteilungen Facetten der Aufklärung und ihre Wirkung bis in die heutige Zeit kennenlernen. Dafür stehen unter anderem Gemälde, Skulpturen, Mode und wissenschaftliche Geräte.

Einen Kompromiss mussten die Organisatoren auf jeden Fall machen: Die eigentliche Kunst der "Aufklärung" dient bis auf wenige Ausnahmen nur zur Illustration. Man habe den Chinesen lange Schrifttafeln ersparen und lieber schöne Stücke für sich sprechen lassen wollen, sagt Kuratorin Cordula Bischoff. Ihre Kollegen aus China legten viel Wert auf großzügige Raumgestaltung. Schließlich werden täglich bis zu 5.000 Menschen erwartet. Ein Rahmenprogramm in Regie der Stiftung Mercator soll in den kommenden zwölf Monaten den Dialog zwischen Wissenschaftlern und Künstlern beleben.

"Modell nicht übertragbar"

Schon im Vorfeld hatte die deutsche Seite darauf verwiesen, dass man in Peking Aufklärung nicht mit erhobenem Zeigefinger betreiben wolle. Als Vertreter der beteiligten Museen ging der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth, bei der Eröffnung auf diesen Umstand ein. Eines sei die Ausstellung ganz gewiss nicht: "Sie ist kein Rezept der Aufklärung, kein Modell, das auf andere Kulturen und Zivilisationen übertragen werden kann." Man stelle aber das "Konzept Aufklärung" zur Diskussion.

Text: APA, Red.

Service

"Kulturmontag", Montag, 4. April 2011, ORF 2: Bericht von der Eröffnung der Ausstellung. Zu Wort kommen Karren Patterson, Frau des regimekritischen, derzeit inhaftierten Künstlers Wu Yu Ren, sowie sein prominenter Kollege Ai Weiwei.

Chinesisches Nationalmuseum (chinesisch)