Gegen "Anlassgesetzgebung"

Lobbyisten-Lobby schreit auf

Als Konsequenz aus der Lobbyisten-Affäre will Justizministerin Claudia Bandion-Ortner die Lobbyisten- und Korruptionsbestimmungen verschärfen. Kommen soll auch ein sogenanntes Lobbyisten-Register. Die Lobbying-Branche will dabei mitreden und warnt jetzt vor einer überstürzten Anlassgesetzgebung.

Morgenjournal, 06.04.2011

Schriftliche Offensive

Der Brief weist einige hochrangige Adressaten aus - der Bundespräsident findet sich ebenso darunter wie die Partei- und Klubspitzen sowie die zuständige Ministerin. Der Public Relations Verband Austria (PRVA) rät in dem Schreiben von einer überstürzten Anlassgesetzgebung zum geplanten Lobbyisten-Register ab. Warum nun diese Offensive, das begründet PRVA-Präsidentin Ingrid Vogl so: "Der Teufel steckt im Detail. Und wenn solche Anlassgesetzgebungen stattfinden, dann ist die Gefahr sehr groß, wenn die betroffene Branche gar nicht gefragt wird. Und deshalb haben wir uns sehr rasch gemeldet."

"Register für alle"

Schon in der kommenden Woche will die Justizministerin ihre Ideen zum Lobbyisten-Gesetz samt Register vorlegen. Aufgelistet sein sollen nicht nur klassische Einflussnehmer, sondern auch Interessensverbände wie zum Beispiel Kammern. Österreichs größtem unabhängigen Kommunikationsverband gehören mehr als 70 Agenturen sowie an die 600 PR-Beschäftigte an. Grundsätzlich begrüßt Präsidentin Ingrid Vogl den Register-Ansatz. Ihr geht es vor allem um Transparenz: "Ein derartiges Register müsste alle umfassen, von klassischen Lobbyisten bis hin zu Interessensvertretungen und sogenannte In-House-Lobbyisten." Als In-House-Lobbyisten werden Mitarbeiter von Firmen bezeichnet, deren Aufgabe es ist, für ihren Arbeitgeber Lobbying zu betreiben.

Umgehung möglich

Noch sei völlig unklar, wie welche Tätigkeit - etwa In-House-Lobbyismus - definiert werde. Vogl fürchtet, dass das geplante Register primär auf Agenturen sowie Einzelberater begrenzt wird. Eine solche Konstruktion würde es etwa Unternehmen leichter machen, abseits der nachvollziehbaren Wege Interessen gegenüber der Politik zu verfolgen, zum Beispiel über Anwälte.

"Frage der Anständigkeit"

Das Lobbyisten-Register, wie es momentan ventiliert wird, trägt aus Sicht der Verbandspräsidentin kaum dazu bei, Korruption zu bekämpfen. Die meisten Einflussnehmer würden nicht aufscheinen. Zuletzt bekannt gewordene Fälle von Korruption im Politikbereich seien so nicht zu erfassen: "Es wird nichts helfen wenn bei Personen das sogenannte Anständigkeits-Gen fehlt."

Lobbying-Rat ruft nach Enquente

Ähnlich wie der PR-Verband bringt sich der Austrian Lobbying And Public Affairs Council in die Debatte ein. Er verlangt eine parlamentarische Enquete, um alle betroffenen Interessen zusammenzubringen. Das sei besser, als aus einem nicht akzeptablen Einzelfall Ernst Strasser irgendetwas zu tun, das Stückwerk bliebe. Deswegen müsse es ebenso um die Unvereinbarkeiten bei der Arbeit von Politikern sowie Beamten, sinnvollere Korruptionsbestimmungen und um Transparenz bei der Parteienfinanzierung gehen.