Die Asylfalle

8. April 2017, 21:58

Am Donnerstag, 14. April 2011 wurde das Buch mit einem Podiumsgespräch präsentiert. Neben der Autorin nahm Nadja Lorenz daran teil, die Vorsitzende von SOS Mitmensch und Anwältin vieler Asylwerber; sowie der Schriftsteller Ludwig Laher, der sich literarisch mit der Thematik befasst hat.

Trutzburg Österreich

Die Helsinki-Föderation für Menschenrechte hat 2007 Österreich das schärfste Asyl - und Fremdenrecht Europas attestiert. Mit dieser Tatsache beginnt Möhrings Buch. Ein Kapitel heißt "Trutzburg Österreich".

"Kürzlich ist mir das wieder aufgefallen im Zusammenhang mit Lampedusa, wo gesagt wurde: Wir müssen uns schützen vor den Flüchtlingen. Wieso muss man sich vor Flüchtlingen schützen? Man muss sich vor Kriminellen schützen - aber vor Flüchtlingen?", wundert sich Möhring.

Geschichten neu aufgerollt

Das Buch rollt Geschichten neu auf, die Wellen geschlagen haben, weil sie von vielen Medien als Auswüchse des Umgangs mit Asylwerbern eingestuft wurden. Wie etwa die Abschiebung der Kumani-Zwillinge; oder, schon weniger gut in Erinnerung: Die Behandlung der tschetschenischen Flüchtlingsfamilien, die 2003 von tschechischen Polizisten durch den Grenzfluss Lainsitz nach Österreich getrieben wurden.

Wenig später mussten die Tschetschenen samt Kleinkindern bei Novemberkälte wieder zurück waten - auf Druck österreichischer Polizisten. Und zwar ohne vorher Asyl beantragen zu dürfen, was inzwischen als rechtswidrig judiziert wurde.

Untersuchung des Genitalbereiches

Möhrings Buch ist gespickt mit derartigen Fakten. Dazu gehören auch die wissenschaftlich höchst umstrittenen Methoden, zu untersuchen, ob unbegleitete minderjährige Flüchtlinge doch volljährig sind.

"Das Widerlichste ist eigentlich die Untersuchung des Genitalbereiches. Man muss sich vorstellen, das sind junge Menschen beiderlei Geschlechts in der Pubertät. Gerade der Genitalbereich ist ein sehr privater Bereich, und da werden sie einfach knallhart untersucht", so Möhring.

Bruno-Kreisky-Preis für Asylwerber

Die Autorin ist mit dem Asylthema sehr unmittelbar in Berührung gekommen. Sie nahm 2007 den Asylwerber Jovan Mirilo mit Lebensgefährtin und Kind für einige Monate bei sich auf.

Jovan Mirilo aus Serbien ist mit dem Bruno-Kreisky-Preis ausgezeichnet worden - wegen seiner Mithilfe bei der Verhaftung serbischer Kriegsverbrecher. Weil ihm in Serbien ein Rachemord droht, suchte er in Österreich um Asyl an und wurde sofort in Haft genommen. Einer der Gutachter in seinem Verfahren hat Quellen nachweisbar grob manipuliert, um Mirilo als Lügner darzustellen, bestätigt seine Anwältin, die SOS-Mitmensch-Vorsitzende Nadja Lorenz.

"Verächtlichkeit und Bösartigkeit"

"Meine Arbeit kann ich nach über 20 Jahren nur weiterhin tun, weil ich mir jedes Mal denke, ich halte das nicht aus, ich halte diese Verächtlichkeit, mit der umgegangen wird, diese Bösartigkeit, die da hervor scheint, nicht aus", sagt Lorenz. "Und gleichzeitig denke ich mir: Wenn mehr Menschen wüssten, was tatsächlich läuft auf dieser Ebene, dann würde der Widerstand gegen diese Art von Politik in Österreich größer."

Nadja Lorenz und Rubina Möhring ist klar, dass auch in relevantem Ausmaß sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge Asyl beantragen. Weil es sonst für sie keine Möglichkeit legaler Zuwanderung gibt.

Unter Generalverdacht

Doch deshalb dürfe man aber nicht alle Asylwerber unter Generalverdacht stellen, so auch Lorenz: "Sie machen den Mund auf, und es wird ihnen unterstellt, dass das, was sie sagen, nicht stimmt. Und dieses Lippenbekenntnis der Politiker, die dann immer, wenn sie gegen Asylwerber/innen wettern, sagen: Die, die wirklich Schutz brauchen, sollen auch Schutz bekommen - das wird damit obsolet. Weil nur noch die Allerwenigsten eine Chance haben, dass ihre Sache fair gehört wird."