Aber keine dominierende Debatte
Finnland: Atomkraft als Wahlkampfthema
Der geplante Ausbau der finnischen Atomenergie ist trotz der Katastrophe in Japan kein dominierendes Wahlkampfthema geworden. Zwar werden die Stimmen der AKW-Befürworter vorsichtiger. Aber es sind nur die Grünen und die Linken, die offen gegen die Fortsetzung des Atom-Ausbaus auftreten.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.04.2011
Grüne und Linke gegen AKW-Ausbau
Am stärksten gegen eine Fortsetzung des Baus neuer Atomreaktoren in Finnland wandte sich die Parteichefin der Grünen, Anne Sinnemäki. Sie sprach sich gegen eine Baubewilligung für die bereits vom Parlament in Helsinki vergangenes Jahr grundsätzlich freigegebenen AKW-Neubauten in West- und Nordfinnland aus und kündigte unabhängig vom Wahlausgang Mitte April Widerstand ihrer Partei dagegen an. Auch die Linkspartei tritt für ein Ende der Ausbaupläne ein.
Starke Industrieinteressen
Der konservative Spitzenkandidat, Finanzminister Jyrki Katainen, schlägt eine abwartende Linie ein. Katainen hatte noch vor einer Woche eine Infragestellung des finnischen AKW-Ausbauprogramms abgelehnt: Unisono mit der Industrie vertritt man die Haltung, dass die Atomkraft viel saubere Energie bietet, um die Schwerindustrie - Holz und Stahl - zu versorgen. Dazu kommt, dass die großen finnischen Konzerne Miteigentümer des Energiekonzerns TVO sindsagt Juha Aromaa von Greenpeace Helsinki, sagt Juha Aromaa von Greenpeace Helsinki.
Keine Protestbewegung zu erwarten
Das Vertrauen der Finnen in die Atomkraft ist nach dem schweren Unglück im japanischen Fukushima zwar erschüttert. Einer Umfrage zufolge stehen nur noch 48 Prozent der Befragten hinter dem Bau neuer Reaktoren. Im März 2010 waren es noch 53 Prozent. 45 Prozent gaben an, durch die Ereignisse in Japan sei ihr Vertrauen in die Atomkraft schwächer geworden. Dennoch reichen diese Werte für eine ernstzunehmende Protestbewegung nicht aus. Denn laut Umfrage halten 85 Prozent der Finnen ihre Atomkraftwerke für sicher.
Verzögerungen bei neuem Reaktor
Derzeit werden etwa 17 Prozent des finnischen Energiebedarfs durch die Atomkraftwerke abgedeckt. Finnland verfügt derzeit über vier Atomreaktoren an zwei verschiedenen Standorten. In Olkiluoto im Westen des Landes wird momentan vom französischen Atomkonzern Areva ein fünfter "European Pressurized Water Reactor" (EPR) der dritten Generation gebaut. Areva hatte den EPR ursprünglich zusammen mit dem Münchener Siemens-Konzern entwickelt. Der Reaktor sollte eigentlich schon im April 2009 fertig sein, wird nun aber seinen regulären Betrieb frühestens in der zweiten Hälfte 2013 aufnehmen.
Alternative Möglichkeiten
Die Kosten von Olkiluoto 3 sind explodiert, immer wieder meldet die finnische Atomaufsichtsbehörde Sicherheitsmängel. Genau diese könnten nun endlich auch in die Öffentlichkeit gebracht werden, hofft Peter Lund, Professor für neue Energietechnologien an der Universität Espoo bei Helsinki. Denn gerade in Finnland gäbe es zahlreiche Möglichkeiten, Energie zu gewinnen, ist Peter Lund überzeugt. Beispielsweise würde die große Papier- und Holzindustrie riesige Ressourcen an Biomasse schaffen, und an der langen Küste könnte Windenergie genützt werden.
Wahl am Sonntag
Finnland wählt am 17. April ein neues Parlament. Laut jüngsten Umfragen liegen die Rechtspopulisten mit den drei bisherigen Großparteien, den Konservativen, der Zentrumspartei und den Sozialdemokraten Kopf an Kopf. Die derzeitige Regierung besteht aus dem Zentrum, den Konservativen, den Grünen und der liberalen Schwedischen Volkspartei.