Hätte "extreme Dominoeffekte"

Experten warnen vor Schuldenerlass

Zur Bewältigung der griechischen Schuldenkriese wird über einen radikalen Schnitt spekuliert: Die Gläubiger des griechischen Staates - zum Beispiel Banken - müssten dann auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Doch Experten warnen vor unabsehbaren Folgen für die Eurozone.

Mittagsjournal, 20.04.2011

Zinsen erschweren Erholung

Über 320 Milliarden Euro Schulden hat Griechenland mittlerweile angehäuft - das sind 140 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Die Schuldenquote Österreichs ist nur halb so hoch. Für die Griechen bedeutet das eine enorme Belastung, weil sie für die Schulden Zinsen zahlen müssen. Und dieses Geld fehlt dann wieder, um die schwer angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln.

Schuldenverzicht?

Deshalb hat jetzt wieder die Gerüchteküche zu brodeln begonnen. Ein Schuldenschnitt - auch Umschuldung, oder auf Englisch "hair-cut", also Haarschnitt genannt, sei nur mehr eine Frage der Zeit. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass private Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.

Gefährdete Banken

So ein Schuldenerlass aber sei sehr riskant, warnt Stefan Bruckbauer, Chefanalyst der Bank Austria. Die Folgewirkungen für die Eurozone seien nicht absehbar - nicht zuletzt deshalb, weil zum Beispiel viele griechische Banken Forderungen an den Staat hätten. Die Folge wären "extreme Domino-Effekte in Griechenland selbst und von Griechenland ausgehend in andere Länder und Institutionen." Eine ungeordnete Pleite eines Staates bringe jedenfalls das "Bankensystem des Landes an den Rand der Existenz", so Bruckbauer.

Laufzeiten verlängern

Deswegen ist zuletzt auch immer wieder von einer sanften Umschuldung die Rede gewesen. Zum Beispiel in dem die Griechen mehr Zeit bekommen, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Dafür würden die Laufzeiten der griechischen Staatsanleihen verlängert. Oliver Adler von der Schweizer Bank Credit Suisse hält diese Variante für die wahrscheinlichste. Denn das würde an den Finanzmärkten für die wenigsten Turbulenzen sorgen - weil auf diese Art kein Gläubiger auf seinen Forderungen sitzen bleibt.

"Da müssen wir jetzt durch"

Stefan Bruckbauer von der Bank Austria hält eine andere Variante für die sinnvollste: nämlich, dass alle anderen EU-Länder die Schuldenbelastung Griechenlands übernehmen. Funktionieren könnte das, indem man die Laufzeit des milliardenschweren EU-Hilfspakets auf zum Beispiel 15 Jahre verlängert und Griechenland dafür keine Zinsen zahlen muss: "Das ist de facto ein Endlager für die Schuld, die sich dann irgendwie hinauswächst." Allerdings kostet das die anderen Länder Geld, denn die müssen das finanzieren. "Das ist der Preis für den enormen Vorteil, den wir haben im Euro, und da müssen wir jetzt durch", so Bruckbauer.