Öffnung des Arbeitsmarktes am 1.Mai
Experte: "Polen bleiben zuhause"
Am 1. Mai wird der österreichische Arbeitsmarkt für Bürger der neueren EU-Mitgliedsstaaten geöffnet. Polen ist mit fast 40 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste dieser Länder. Dass mit der Öffnung des Arbeitsmarktes in Österreich und Deutschland Polen in Massen auf Arbeitssuche auswandern werden, wird nicht erwartet.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.04.2011
Keine Rede von Massenabwanderung
Der 1. Mai darf nicht als Tag X verstanden werden, betont Pawel Kaczmarczyk, Migrationsforscher an der Universität in Warschau. Die Arbeitsmarktöffnung in Deutschland und Österreich werde Bewegung auf den polnischen Arbeitsmarkt bringen, aber von einer bevorstehenden Massenabwanderung könne keine Rede sein.
Arbeitsmarkt schon teilweise geöffnet
Kaczmarczyk erinnert daran, dass der Arbeitsmarkt bisher auch nicht richtig geschlossen war. Seit den neunziger Jahren gibt es ein Abkommen zwischen Deutschland und Polen über Zeitarbeiter und seitdem können Polen legal in Deutschland arbeiten. Daher werde es nicht zu einer Migrationswelle kommen, sagt Kaczmarczyk.
20.000 bis 25.000 in den nächsten drei Jahren
In Deutschland, das traditionell immer ein wichtiges Migrationsziel für Polen war, leben schon jetzt 400.000 Polen. Diese Zahl werde sich um 10 bis 20 Prozent jährlich erhöhen, so die Schätzungen.
Österreich ist nicht ein zentrales Emigrationsland für Polen. Für die kommenden drei Jahre wird geschätzt, dass 20.000 bis 25.000 Polen nach Österreich gehen.
Ob ganz oder nur zeitlich begrenzt, könne derzeit nicht abgeschätzt werden. Überhaupt sei man nur auf sehr grobe Schätzungen angewiesen. Aus früheren Untersuchungen zur Migration weiß Pawel Kaczmarczyk, dass es einen gewaltigen Unterschied gibt zwischen dem Wunsch ins Ausland arbeiten zu gehen und der Umsetzung dieses Wunsches.
Situation bei EU-Beitritt war anders
Man könne die Situation jetzt nicht mit dem Jahr 2004 vergleichen, als Polen der Europäischen Union beigetreten ist. Damals strömten hunderttausende Polen nach Großbritannien und Irland. Im Zuge der Wirtschaftskrise sind einige nun wieder zurückgekehrt, aber noch immer leben dort insgesamt fast eine Million Polen.
"Damals gab es eine regelrechte Kampagne, die zur Migration ermutigte", erinnert sich Kaczmarczyk. Es wurde gesagt, dass in Großbritannien eine halbe Million Arbeitsplätze auf Polen warten würden. Heute sei die Lage ganz anders. In den deutschsprachigen Medien werde eher von der Angst vor den Migranten gesprochen, so der Migrationsforscher. Und das werde den Migrationswunsch unter den Polen allgemein auch dämpfen.
Migration an der deutsch-polnischen Grenze
Für einzelne Regionen Polens direkt an der deutschen Grenze werde die Arbeitsmarktöffnung schon einiges an Veränderung bringen, meint der Migrationsforscher. Wegen der schlechten Berufschancen in der Grenzregion werden die Menschen versuchen auf der anderen Seite der Grenze Arbeit zu finden.
"Das werden vor allem Pendler sein, die tage-oder wochenweise in Deutschland arbeiten werden. Aber natürlich auch einige, die auf Dauer weggehen", sagt der Migrationsforscher Kaczmarczyk.
Und das wird nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen für die polnische Grenzregionen haben, sondern auch soziale: Es wird zu einer Überalterung der Bevölkerung führen. Die polnische Regierung wird gefordert sein hier gegenzusteuern.
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