Mehr Tempo beim Schuldenabbau

Auch WIFO vermisst Reformen

Die Expertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Margit Schratzenstaller, findet die mittelfristige Finanzplanung der Großen Koalition akzeptabel. Es gebe Licht und Schatten, so Schratzenstaller im Ö1 Interview. Sie bemängelt aber, dass viele grundlegende Reformen noch nicht umgesetzt würden.

Mittagsjournal, 28.04.2011

Schulden weiter zu hoch

Die gute Konjunkturentwicklung, erleichtere es, das Nettodefizit zu senken, so Margit Schratzenstaller. Geringer werden soll nach dem Willen der Regierung auch der Gesamtschuldenstand der öffentlichen Kassen. Gemessen an der Wirtschaftsleistung wird er bei etwa 75 Prozent bleiben, die EU-Vorgabe wird hier weiterhin klar verfehlt. Dass die Verbindlichkeiten nicht schneller reduziert werden, führt Schratzenstaller darauf zurück, dass nun etwa auch die ÖBB-Schulden berücksichtigt werden müssen.

Wo sind die Reformen?

Die Schwachstelle sei jedoch, dass eine Reihe fundamentaler Reformen nicht in Angriff genommen würden. Sonst sei die Budgetlage nicht nachhaltig zu verbessern, sagt Margit Schratzenstaller. Sie nennt Staatsreform, Verwaltungsreform, Gesundheitsreform als Bereich, wo man große Sparpotenziale heben könne. Besonders dringend seien die Reformen im Spitalsbereich. Aber auch beim Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern müsse es darum gehen, die Verantwortlichkeiten klar zu strukturieren. Dazu gehöre auch das "Zusammenführen von Finanzierungs- und Ausgabenverantwortung".

Schuldenlast reduzieren

Positiv bewertet die WIFO-Expertin, dass die Koalition auf sogenannte Zukunftsthemen setzt - also Familie, Forschung und Bildung. Hier seien erste Akzente erkennbar. Die Koalition müsse jedoch für eine besser finanzielle Situation sorgen. Daher müsse sie sich etwa durch eine Reduktion der Schulden- und somit Zinslast mehr Spielraum verschaffen.

Abgabenstruktur unbefriedigend

Wenig Spielraum sieht Margit Schratzenstaller derzeit für Steuererleichterungen - wegen der ausstehenden Reformen auf der Ausgabenseite. Und sie mahnt Änderungen bei den Abgaben an. Die aktuelle Abgabenstruktur sei unbefriedigend, so Schratzenstaller: "weil der Faktor Arbeit sehr hoch belastet wird und auf der anderen Seite vermögensbezogene Steuern unterdurchschnittlich genutzt werden. Und weil auch gewisse Lenkungssteuern, Umweltsteuern, Tabak- und Alkoholsteuern unterdurchschnittlich genutzt werden." Diese und andere grundlegenden Reformen seien wichtiger als einzelne Sparmaßnahmen, um die Finanzlage nicht nur zu stabilisieren, sondern zu verbessern.

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