Palästinensischer Politologe skeptisch
Palästinenserabkommen "ein Anfang"
Das Versöhnungsabkommen der bisher verfeindeten Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah sei immerhin ein Anfang, sagt der palästinensische Politikwissenschaftler Bassam Ezbidi im Ö1 Interview. Er ist aber skeptisch, ob damit schon ein Durchbruch erzielt worden ist. Außerdem halte Israel den Schlüssel in der Hand, so Ezbidi.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.04.2011
Immerhin ein Anfang
Seit Jahren haben die Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah vergeblich versucht, den erbitterten Machtkampf zu beenden. Das gestern unterzeichnete Versöhnungsabkommen sei nur ein Anfang, sagt der Bassam Ezbidi von der Birzeit Universität im Westjordanland. "Die Themen des Konflikts zwischen den beiden Seiten sind extrem komplex. Sie reichen tief in Politik, Ideologie, interne Gegebenheiten, aber auch regionale und internationale Politik hinein. Niemand erwartet sich die Umsetzung des Abkommens für morgen", sagt Ezbidi.
Demnächst Übergangsregierung?
Dennoch werde das Abkommen als ein Anfang gewertet, so Ezbidi. Das Abkommen zwischen der im Gazastreifen regierenden radikal islamischen Hamas und der im Westjordanland regierenden Fatah sieht vor, dass schon in den nächsten Tagen eine Übergangsregierung gebildet werden soll, zusammengesetzt aus unabhängigen Politikern, die die Palästinenser zu Wahlen innerhalb eines Jahres führen sollen. "Das sind schlechte Nachrichten für viele palästinensische Politiker, wie etwa Premierminister Fayad, der seine Macht abgeben muss", so Ezbidi. "Doch zum jetzigen Zeitpunkt gebe es keine andere Wahl. Sowohl das Modell von Palästinenserpräsident Abbas als auch das Modell der Hamas im Gazastreifen ist gescheitert."
Straße rief nach Versöhnung
Es sei eine Frage des politischen Überlebens für beide Seiten geworden. Beide Seiten müssten dringend etwas bieten, was die Bevölkerung überzeugt und das soll jetzt die Versöhnung sein, so Ezbidi. Die Versöhnung sei eine Forderung der Straße, geeint hoffe man wieder mehr Gewicht im Ringen um einen eigenen palästinensischen Staat zu haben. Nachdem die Friedensverhandlungen mit Israel seit Jahren schon feststecken, wollen die Palästinenser im Herbst vor der UNO um Anerkennung ihres Staates ansuchen.
Schlüssel liegt bei Israel
Obwohl das Abkommen zwischen Hamas und Fatah in der Bevölkerung sehr gut aufgenommen wurde, ist Bassam Ezbidi skeptisch: "Ich bin nicht sehr optimistisch, denn die ganze Angelegenheit ist sehr komplex und es gibt sehr viele Mitspieler." Israel habe zwar stets argumentiert, dass es aufgrund der Spaltung zwischen Fatah und Hamas keinen wirklichen Verhandlungspartner auf palästinensischer Seite gebe. Doch auch eine Regierung mit Hamas-Beteiligung werde von Israel nicht als Verhandlungspartner respektiert werden, so die Befürchtung Ezbidis. "Israel hält den Schlüssel und sie können das Abkommen stürzen, so Ezbidi. Denn wenn Israel keine Wahlen wolle, könne es sie durch Abriegelungen und Ausgangssperren verhindern."
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