Experte fordert Gesetzesreform
Finale im Tierschützer-Prozess
Am Landesgericht Wiener Neustadt werden heute die Urteile im Tierschützer-Prozess verkündet. Über ein Jahr lang wurde hier gegen 13 Tierschutzaktivisten verhandelt. Die Anklage wirft ihnen Beteiligung an einer kriminellen Organisation vor. Verfassungsrechtsexperte Bernd Christian Funk ruft nach Gesetzesänderung.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 02.05.2011
Lange Beweissuche
Beweise für die umstrittene Anklage nach dem Mafiaparagrafen konnten weder die jahrelangen Ermittlungen einer Polizei-Sonderkommission, noch die 14 Monate dauernde Hauptverhandlung zu Tage bringen. Trotzdem zeigte sich der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer vor einem Monat überzeugt von der Schuld der Angeklagten und forderte Schuldsprüche für alle 13 Angeklagten. Die Verteidiger rechnen mit einem Freispruch der Angeklagten von dem Vorwurf, sich an einer kriminellen Organisation beteiligt zu haben.
Heftige Kritik
Das Verfahren gegen die Aktivisten sorgte von Anfang an für heftige Diskussion und Kritik. Einer der schärfsten Kritiker ist Verfassungsrechtsexperte Bernd Christian Funk. Seiner Ansicht nach hätte dieser Prozess "nie stattfinden dürfen". Ein besonderer Dorn im Auge des Verfassungsexperten ist, dass der Mafia-Paragraf herangezogen wurde, um trotz mangelnder Beweislage eine Anklage gegen die Tierschützer aufzubauen.
Theorie statt Beweise
Auslöser für die umfangreichen Ermittlungen war eine Serie von Buttersäure Anschlägen und Anti-Pelzdemonstrationen gegen die Modefirma Kleiderbauer. Die Firmenbesitzer wandten sich an den Innenminister und im Innenministerium wurde umgehend eine Sonderkommission eingerichtet. Jahrelang wurde umfangreich ermittelt, die Tierschützer saßen monatelang in Untersuchungshaft. Trotzdem konnte die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt auf 300 Seiten wenig Beweise bieten, sondern nur eine Theorie: Diese lautet, dass der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken, Martin Balluch, als Chef einer kriminellen Organisation gemeinsam mit 12 Tierschutzaktivisten aus verschiedenen Organisationen Dutzende Sachbeschädigungen im Namen des Tierschutzes durchgeführt haben soll.
Monatelange Observationen
Geht es nach der Staatsanwaltschaft sollen die 13 Angeklagten unter dem Deckmantel des legaler Tierschutzaktivitäten eine konspirative kriminelle Organisation gebildet haben um all diese Taten durch zu führen. Beweise dafür blieben Polizei und Staatsanwaltschaft allerdings schuldig. Keine DNA-Spuren, weder Anschlagspläne noch Buttersäure konnten bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmt werden. Umfangreiche Telefonüberwachungen und monatelange Observationen brachten keine Ergebnisse. Nicht einmal der Einsatz einer verdeckten Polizei-Ermittlerin und eines Polizeispitzels haben die Theorie von Polizei und Staatsanwaltschaft erhärtet.
Reformbedarf
Unabhängig wie die Urteile heute ausfallen, Verfassungsexperte Funk sieht für die neue Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) Handlungsbedarf, die Mafiaparagrafen im Gesetz zu korrigieren, denn die Bestimmungen könnten als "Instrumente eines Verdachtsstrafrechts eingesetzt um nicht zu sagen missbraucht werden - dass hier Gesinnung bestraft wird und nicht Tat".