Höchstgericht kippt Straftäterregelung

Sicherungsverwahrung verfassungswidrig

Mit einem juristischen Paukenschlag hat das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe aufhorchen lassen. Es hat alle Regeln zur Sicherungsverwahrung von Straftätern als verfassungswidrig aufgehoben.

Bei der Sicherungsverwahrung von Straftätern geht es um die Frage, ob Straftäter nach Verbüßung einer Haftstrafe weiter festgehalten werden können, wenn sie eine Bedrohung darstellen. Möglich ist das auch in Zukunft, sagt das deutsche Verfassungsgericht, aber nur dann, wenn die Verwahrung ganz anders aussieht als die übliche Haft.

Mittagsjournal, 04.05.2011

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Juristische Ohrfeigen

Wenn Höchstrichter juristische Ohrfeigen austeilen, dann klingt das so: Fast fünf Minuten brauchte Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, um die lange Liste der vielen Paragraphen aufzugzählen, die das Gericht nun als verfassungswidrig aufhebt. Es sind alle Regeln zur sogenannten Sicherungsverwahrung, die das Gericht nun kippt, in seiner jetzigen Form seien sie mit dem Grundrecht auf Freiheit nicht vereinbar.

Allerdings haben die Richter in ihren Beschluss einige Klauseln eingebaut, die die praktischen Auswirkungen des Urteils begrenzen. Der Gerichtspräsident formulierte es in Kürzestfassung so: hochgefährliche Straftäter dürfen unter engen Voraussetzungen weiter verwahrt werden, die anderen müssen freigelassen werden.

Auf unbestimmte Zeit gefangen

Die Sicherungsverwahrung wird angeordnet, wenn anzunehmen ist, dass ein Täter auch nach Verbüßung einer Haftstrafe gefährlich bleibt, vor allem bei Sexualdelikten wird von dieser Maßnahme oft Gebrauch gemacht. Früher galt ein Limit von zehn Jahren für diese Verwahrung, das wurde später nachträglich geändert, wodurch sich Häftlinge statt auf zehn Jahre hinaus auf unbestimmte Zeit im Gefängnis wiederfanden. Das könne nur noch in besonders gefährlichen Fällen weiter so gehandhabt werden, urteilten heute die deutschen Verfassungsrichter.

Regeln für die Zukunft

Und für die Zukunft legten sie dem Gesetzgeber einen Forderungskatalog vor: Das, was nach der Haft kommt, also die Sicherungsverwahrung Neu, müsse freiheits- und therapieorientiert sein, das könnte bedeuten, dass hochgefährliche Straftäter in Zukunft nach der Haft in Einrichtungen kommen, die eher eine geschlossene psychiatrischen Abteilung entsprechen als einem üblichen Gefängnis Für die entsprechenden Anpassungen geben die Verfassungsrichter der Politik zwei Jahre Zeit.