Ausstellung im Friedrichshof
Stiller Künstler Ion Grigorescu
Ion Grigorescu gehört zu jenen Avantgarde-Künstlern, die im kommunistischen Ostblock im Verborgenen arbeiteten und seit den 1990er Jahren im Westen - auch vom Kunstmarkt - wahrgenommen werden. 1945 in Bukarest geboren, wird der rumänische Body-Art- und Medienkünstler sein Land heuer bei der Biennale in Venedig vertreten.
8. April 2017, 21:58
Und auch in Österreich ist Grigorescu zu sehen: Am Samstag, 7. Mai 2011, eröffnet seine Einzelausstellung in der Sammlung Friedrichshof im Burgenland, und für das Projekt "curated by", das Wiener Galerien im Rahmen der Kunstmesse ViennaFair veranstalten, stellt Ion Grigorescu die Ausstellung "Actual" zusammen.
Kulturjournal, 05.05.2011
Dokumentation der Retrospektive
In seiner Ausstellung "Horse / Men Market" am Friedrichshof mischt Ion Grigorescu die Gegenwart mit der Vergangenheit, indem er alte und neue Arbeiten in einer Rauminstallation kombiniert. Wie ein Kommentar auf die Haltbarkeit von Kunstwerken und die Sinnhaftigkeit von Retrospektiven wirkt ein Video in der Ausstellung. Es zeigt - mit Handkamera aufgenommen und in verwackelten Bildern - eine Ausstellung, die Grigorescu Ende der 1990er Jahre in Bukarest hatte: eine große Werkschau, bei deren Dokumentation die Bilder unscharf sind, Kunstwerke nur angeschnitten werden und die Wärter des Museums dazwischen auftauchen - als wären ihm seine eigenen Arbeiten fremd.
Körper in Bewegung
Neben Skulpturen aus Eisen und Draht besteht die Installation aus drei Projektionen. Gemeinsam ist ihnen das Thema des Körpers in Bewegung. Ion Grigorescu ist von hagerer Statur, in seinen langsamen Bewegungen wirkt er fragil. Einer der aktuellen Filme zeigt ihn, wie er Sprintstarts übt. Er ist nackt und bloßfüßig, der Boden ist steinig - den Schmerz lässt er sich nicht anmerken. Auf der anderen Projektion ist der gleiche, alte Mann zu sehen, und zwar bei Yoga-Übungen. Sehr nahe kommt er der Kamera dabei, die Risse in seinen Fußsohlen, Muttermale und Hautfalten festhält.
Früher war er Sportler, doch das Alter habe seine körperlichen Fähigkeiten stark eingeschränkt, meint Grigorescu. In den 1970er Jahren veranstaltete er in seinem Atelier Body Art Performances.
Body Art unter Ceausescus Regime
Body Art war unter Ceausescu verboten. Die Veranstaltungen fanden im Privaten statt, und manchmal sogar ganz ohne Publikum, sagt Grigorescu. Als Zeichenlehrer und Restaurator von Wandgemälden verdiente er seinen Unterhalt - die Kunst entstand im Untergrund.
Auf die Repression in Rumänien unter Ceausescu reagierte er nicht durch lauten Protest, sondern durch einen konsequenten Rückzug aus der Öffentlichkeit. Seine Happenings, seine Experimentalfilme und Fotografien sind zurückhaltende Antworten auf die unmittelbare Lebensrealität. Sie zeigen die Zerrissenheit der Gesellschaft im totalitären Staat, sagt Hubert Klocker, Kurator der Sammlung Friedrichshof.
Eine Parallele zu den österreichischen Aktionisten, denen eine Dauerausstellung am Friedrichshof gewidmet ist, sieht Klocker nicht nur in der Körperbezogenheit, die Grigorescus Werk aufweist, sondern auch im repressiven Umfeld.
Jahrmarkt der Eitelkeiten
Ion Grigorescus Kunst ist still und rätselhaft - sie entzieht sich endgültigen Interpretationen und gibt kein rundes Bild ab. Interessant zu sehen wird sein, wie sie sich auf einer Großausstellung wie der Biennale von Venedig behaupten wird, oder ob der Künstler bewusst den Kampf um Aufmerksamkeit entsagen wird. Den rumänischen Pavillon bespielt er gemeinsam mit den jungen Künstlerinnen Anetta Mona Chisa und Lucia Tkacova, die schrille Auftritte nicht scheuen.