Ahmadinedschad verärgert seine Anhänger

Machtkampf als Dauerzustand

Das geistliche Oberhaupt Ayatollah Khamenei hat einen Geheimdienst-Minister wieder in sein Amt zurückgeholt, den Präsident Ahmadineschad kurz zuvor entlassen hatte. Und Ahmadineschad musste auch noch erklären, dass seine Regierung weiterhin die Autorität des obersten geistlichen Führers verteidigen werde. Der Machtkampf ist damit aber nicht zu Ende, sagt der Experte Walter Posch.

Mittagsjournal, 10.05.2011

Iran-Experten Walter Posch im Gespräch mit Barbara Ladinser

"Ahmadineschad agiert zunehmend unabhängig"

Nach Ansicht des Iran-Experten Posch ist es kein Machtkampf zwischen Ahmadineschad und Khamenei, sondern zwischen politischen Fraktionen, die Ahmadineschad unterstützen, nämlich zwischen den Blöcken der Reformisten und der Prinzipalisten. Die letzteren seien wieder ein Zusammenschluss radikaler Kräfte, die aus einem radikal-islamischen Milieu stammen, und den traditionellen Konservativen. "Und innerhalb der Radikalen hat Ahmadinedschad eine eigene Anhängergruppe gegründet und agiert zunehmend selbständig und unabhängig von diesen Kräften, die ihn letztlich an die Macht gebracht haben."

Langfristige Absicherung der Macht

Bei den Auseinandersetzungen gehe es darum, dass Ahmadinedschad seine eigenen Anhänger in der höchsten Ebene der Bürokratie und der Macht verankert. Dazu komme, so Posch, "dass jeder, der eine Lösung mit den USA findet, sowohl wirtschaftlich und auch machtpolitisch für die nächsten Jahre, vielleicht auch Jahrzehnte im Iran zementiert ist. Da hätte Ahmadineschad die Unterstützung aller Gruppen gebraucht, agiert aber so, dass er alles für sich allein will." Ahmadinedschad sei in vielem zu weit gegangen, müsse wohl aber keine Abberufung befürchten, auch wenn man das nicht ausschließen könne, so Posch. Manche seiner Unterstützer hätten aber durch Bemerkungen in der Öffentlichkeit mächtige Gruppen gegen sich aufgebracht, und zwar nicht nur den Klerus.

Breites Meinungsspektrum

Die Annahme, dass das iranische Regime durch den Machtkampf geschwächt sein könnte, weist Posch zurück. Das Regime habe damit große Erfahrung. Es habe immer eine Pluralität gegeben, allerdings im Rahmen des radikalen politischen Islam. Die Meinungsbandbreite gehe von Verstaatlichung der Industrie hin bis zum Privatisieren, vom Arrangieren mit den USA bis hin zu totaler Ablehnung. Und es gehöre zur Kunst der Politiker, mit diesen Widersprüchen umgehen zu können.