Türkei zu Gast auf der Viennafair
"Marktplatz" auf der Messe
Das besondere Profil der Wiener Kunstmesse Viennafair ist der Zentral- und Osteuropaschwerpunkt. Doch noch ein anderes Land steht heuer im Fokus: die Türkei. Vier Galerien aus Istanbul zeigen Arbeiten türkischer Künstlerinnen und Künstler, außerdem werden die wichtigsten Kunst-Institutionen der türkischen Hauptstadt vorgestellt.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 11.05.2011
Auf einer Art Marktplatz, die einem Innenhof der historischen Karawanserei nachempfunden ist, präsentiert sich mitten im Geschehen der Viennafair junge Kunst aus Istanbul. Die Galerie "Outlet" etwa zeigt unter anderem die großformatige Fotografie des Künstlers Burak Delier: Eine junge Frau trägt die Flagge der Europäischen Union als Schleier. Der Künstler habe hier zwei konträre Sichtweisen thematisiert, erklärt Amira Akbiyikoglu von der Galerie "Outlet": Während die Türkei geradezu verzweifelt versuche, sich an die Europäische Union anzunähern, habe der Westen nach wie vor ein sehr konservatives Bild von diesem Land.
Die westliche Sicht auf eine höchst heterogene Gesellschaft, die Absurdität des urbanen Lebens in einer Stadt wie Istanbul, in der eine Vielzahl an kulturellen und sozialen Entitäten nebeneinander bestehen, oder die vielschichtigen Konflikte zwischen Tradition und moderner Gesellschaft: Viele Arbeiten, die bei der Viennafair präsentiert werden, behandeln brennende Themen.
Freie Kunstszene
Die vier vertretenen Galerien setzen dabei recht unterschiedliche Schwerpunkte. Die Galerie "Outlet" etwa widmet sich Künstlerinnen und Künstlern, die an der Peripherie leben und in den gängigen Kunstbetrieb nicht involviert sind, erklärt Amira Akbiyikoglu.
Die Istanbuler Galerie "x-ist" wiederum hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge Talente zu fördern. Die hier ausgestellten Arbeiten befassen sich ebenfalls mit politischen und sozialen Konflikten: Gözde Türkkan etwa konfrontiert in ihren Fotografien konservative Frauenbilder mit der Lebensrealität. Das Schöne an der Kunstszene in Istanbul sei, dass sich Künstler und Künstlerinnen sehr frei bewegen können und es keine Versuche gebe, Künstler zu zensieren, erklärt Yasemin Elci von der Galerie "x-ist".
Kaum öffentliche Förderung
Diese scheinbare Toleranz hat allerdings eine Schattenseite, nämlich eine politische Gleichgültigkeit gegenüber zeitgenössischer Kunst in der Türkei. Von der öffentlichen Hand gebe es praktisch keine Unterstützung für die türkische Kunstszene. Dabei habe die Türkei ein großes Kulturbudget, erklärt Yasemin Elci. Viel Geld sei etwa ins Kulturhauptstadt-Jahr 2010 geflossen. Doch die beständige Arbeit mit Galerien sei doch noch etwas anderes, so die Galeristin.
Junge Kunst zu fördern und auch international bekannt zu machen, helfe nicht nur den Künstlern, sondern der ganzen Gesellschaft - darin sind sich die Galeristen aus Istanbul einig. Nämlich dann, wenn es darum gehe, das Bild der Türkei zu differenzieren und Stereotypen abzubauen.