Datenschützer geteilter Meinung
Volkszähler vernetzen Verwaltungsdaten
Erstmals wird heuer mit Stichtag 31. Oktober 2011 eine Volkszählung durchgeführt ohne Fragebögen - den Statistikern reichen die Verwaltungsdaten. Da fragt man sich, ob Österreich bereits den Status des gläsernen Staatsbürgers erreicht hat. Datenschützer sind unterschiedlicher Meinung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 12.05.2011
Beta Tomassovits
Mehrere Vorteile
Im kommenden Herbst wird die Volkszählung in Österreich von der sogenannten Registerzählung abgelöst. Damit werden künftig die für die herkömmliche Volkszählung typischen Fragebögen wegfallen. Die erwarteten Vorteile der neuen Registerzählung: bessere Vergleichbarkeit von Daten, unkomplizierter, zeitsparender und kostengünstiger.
Kombination von Datenbanken
Ausgewertet werden nur bereits vorhandene Datenbanken ("Register") der Verwaltung. In Österreich werden etwa das Zentrale Melderegister oder das Bildungsstandregister herangezogen. Auch die Daten der Sozialversicherungsträger werden eingesehen. Die Registerzählung wird eine Volkszählung (Familien, Haushalte), eine Arbeitsstättenzählung (Unternehmen, Arbeitsstätten) sowie eine Gebäude- und Wohnungszählung umfassen. Das wichtigste Ergebnis wird die Bevölkerungszahl sein.
Verschlüsselte Daten
Die neue Erhebungsmethode kann sogenannte sensible Merkmale wie die Umgangssprache oder die Religionszugehörigkeit nicht mehr erfassen. Ein Thema ist aber die Frage der Datensicherheit. In Österreich, so Manuela Lenk von der Statistik Austria, sei ein Rückschluss auf einzelne Personen ausgeschlossen. Gewährleisten würde das eine ausgeklügeltes Verschlüsselungssystem.
Datenschützer geteilter Meinung
Für Hans Zeger von der ARGE Daten ist die staatliche Datensammlung dennoch bedenklich: "Jemand, der sich dafür interessiert, wird keine Schwierigkeiten haben, sie zu bekommen. Darüber hinaus geht es aber darum, dass sich der Gesetzgeber mit einem kleinen Nebengesetz sofort den Zugriff sichern könnte." Außerdem: Die Registerzählung sei ein "Datendinosaurier", wo Unmengen verschiedener Listen zusammengeführt werden, und das sei ein "unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre", so Zeger im Ö1-Mittagsjournal.
Nicht so kritisch ist man bei der Datenschutzkommission: Die Registerzählung sei ein komplexes System, als solches aber relativ datenschutzfreundlich, erklärte man gegenüber Ö1.
EU-Verordnung als Grundlage
Der Registerzählung liegt eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2008 zugrunde. Sie sieht EU-weite Volks- und Wohnzählungen in Zehnjahresabständen vor. Die Erhebung wird nicht in allen Ländern wie in Österreich ablaufen. Die Mitgliedsstaaten können unterschiedliche Datenquellen und Methoden verwenden.