Weil er Kind nicht besuchen konnte

OGH: Schadenersatz für Vater

Der Oberste Gerichtshof hat ein Aufsehen erregendes Urteil gefällt: Ein Vater hat die Mutter seines Sohnes auf Schadenersatz geklagt, weil sie den Kontakt mit dem gemeinsamen Sohn unterbunden habe. Ein solches Verhalten eines Elternteils ist rechtswidrig, entschied nun das Höchstgericht. Und der Ersatz des erlittenen Schadens ist möglich.

Mittagsjournal, 16.05.2011

Jahrelanger Rechtsstreit

Es ist ein Familienstreit mit jahrelangen Folgen. Seit mehr als zehn Jahren sind die Eltern getrennt. Der Sohn, der inzwischen 12 Jahre alt ist, will den Vater nicht mehr sehen. Die Mutter habe ihn manipuliert, er sei dadurch an einer Depression erkrankt, behauptet der Vater in einem Rechtsstreit, der durch alle Instanzen gegangen ist. Nun gibt es eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.

OGH: Haftung für Aufhetzen des Kindes

Das Urteil sei eine gewisse Enttschäuschung für jene Väter, die glauben sie bekommen seelischen Schadenersatz zugesprochen, meint Michael Stormann vom Justizministerium. Die Kränkung werde nicht ersetzt, aber das Urteil bejahe eine Haftung, wenn ein Elterteil das Kind gegen den anderen Elternteil aufhetzt, so Stormann.

Eines stellt das Höchstgericht damit jedenfalls klar: Beide Eltern dürfen nichts tun, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt.

Schadenersatz möglich

Erwin Bernat, Zivilrechtsexperte an der Universität Graz, glaubt, dass das Urteil im Sinne des Präventionsgedankens viel für das Besuchsrecht der Väter getan hat.

"Für diese Fallgruppe wird durch das Urteil des OGH klargestellt, dass Eltern nicht auf das Kind einwirken dürfen und, dass sie Gefahr laufen Schadenersatz zahlen zu müssen, wenn sich durch ein solches Verhalten beim Besuchsberechtigten Depressionen einstellen", so Bernat.

Verunsicherung befürchtet

Ganz anders interpretiert die Entscheidung Elisabeth Wöran, Obfrau der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende. Für Wöran bedeutet das Urteil eine weitere massive Verunsicherung des hauptbetreuenden Elternteils.

Die Besuchsrechte seien oft sehr starr geregelt, beispielsweise jedes zweite Wochenende. "Was passiert, wenn an dem Wochenende, wo der Besuchskontakt zum Vater sein sollte, ein Kindergeburtstag ist oder eine Sportveranstaltung, wohin das Kind lieber gehen will", fragt Wöran. Die Obfrau der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende befürchtet, dass sich die Mutter in solchen Situationen dann fragen muss, ob sie schon das Besuchsrecht vereitelt.

Außerdem würden die Kinder in einem Fall wie diesem noch weiter in einen Loyalitätskonflikt zwischen den Eltern hineingezogen.

Beweislast liegt beim Vater

Der Vater, der nun vom OGH Recht bekommen hat, muss seine Vorwürfe aber erst beweisen. Er muss beweisen, dass die Mutter den Sohn gegen ihn aufgehetzt hat und dass er dadurch krank geworden ist. Ein wichtiger Zeuge in diesem Verfahren wird der 12jährige Sohn sein. Der Familienstreit geht damit vor Gericht weiter.