Manche Studien sind gefährdet
Uni: Systemumstellung mit Hürden
Studienabschlüsse als Bachelor, Master und Doktor sollen die Universitäten in der EU quasi auf eine gleiche Stufe stellen. Die Umstellung auf das neue System gelingt aber nicht immer reibungslos, manche Studienrichtungen fürchten um ihr Überleben, zum Beispiel das Studium der Internationalen Entwicklung an der Universität Wien.
8. April 2017, 21:58
Umstieg läuft
Wenn ein alter Diplomstudiengang ausläuft, dann tut er das mit einer langen Übergangsfrist: Die Chemiestudentinnen und -studenten an der Uni Wien wissen zum Beispiel schon seit 2006, dass ihr alter Studienplan mit dem Wintersemester 2011/12 ausläuft. Wer dann noch nicht Magister ist, muss in das neue dreigliedrige "Bologna-System" mit Bachelor- und Master-Grad umsteigen. Dasselbe gilt aber auch für andere, neuere Bachelorstudien, die einfach auslaufen, wie Computional Sciences an der Uni Graz, das keine Neustudierenden mehr aufnimmt. Dafür werden aber auch neue eingeführt, wie etwa das Masterstudium Psychologie an der Uni Innsbruck.
Wichtige Themen
Meistens gehen diese Wechsel ruhig und reibungslos vor sich, aber es gibt auch Gegenbeispiele wie das Studium der Internationalen Entwicklung an der Uni Wien, das Elemente der Soziologie, Geschichte, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften und der Geographie enthält. Ganz oben auf der Agenda stehen Themen der Globalisierung wie Ungleichheiten bei der Verteilung oder Rassismus, sagt Theresia Schütze, Studentin der Internationalen Entwicklung.
Individuelles Studium
Obwohl sie mittlerweile von 3000 Menschen studiert wird, 70 Prozent davon Frauen, steht die Internationale Entwicklung seit bald zehn Jahren auf wackeligen Beinen: Sie hat kein eigenes Institut, ist von anderen Studienrichtungen abhängig. Nach dem Bachelor-Studium musste und muss man sich ein individuelles Masterstudium aus allen möglichen Einzelteilen zusammenkratzen, beklagt Student Lukas Schmidt. Der Kampf ums eigene Studium könne den Lernprozess stark einschränken, gibt Schmidt zu bedenken.
Zu kritisch?
Wer sowas studiert, um dann in den Sozial-, Umwelt- oder Entwicklungshilfesektor zu gehen will es nicht beim Bachelor-Anschluss bewenden lassen. Ein echtes Master-Studium gibt es aber nicht, obwohl die Studienplanleitung einen Entwurf vorgelegt hat. Der Uni-Senat hat ihn zunächst genehmigt, das Rektorat dann aber abgelehnt: Es gebe im Uni-Sparbudget bis 2012 kein Geld dafür. Aber das Rektorat verlangte auch inhaltliche Änderungen, ärgert sich Margarete Maria Grandner von der Studienplanleitung. Sie vermutet, dass das Studium zu kritisch angelegt sei - obwohl es von der Austrian Development Agency und damit vom Außenministerium unterstützt werde.
Langfristiges Bekenntnis
Der Konter der zuständigen Vizerektorin Christa Schnabl: Ein individuelles Masterstudium Internationale Entwicklung werde ohnehin ermöglicht. Eine langfristige Lösung sei von einem sicheren Budget abhängig. Die Uni Wien bekenne sich zur Verankerung der internationalen Entwicklung im Studienangebot und das werde man auch im nächsten Entwicklungsplan so festhalten. Nicht eingreifen will das Wissenschaftsministerium: Das Studienangebot sei Sache der Universitäten.