Denkzettel für Berlusconi
Die Linke jubelt
Auch wenn es nur Regionalwahlen waren, so sind es vor allem die Ergebnisse im Norden des Landes, in den ehemaligen Hochburgen der PdL und der Lega Nord, die Silvio Berlusconi zum Handeln zwingen. Erste Umbauten in der Partei sind angekündigt. Vor allem war es für die Linke ein wichtiges Signal: Man kann ja doch noch gewinnen. Dementsprechend wurde auch gefeiert.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 31.05.2011
Ex-Kommunist regiert Mailand
Jetzt ist also das passiert, vor dem Silvio Berlusconi noch vor einer Woche mit den Worten gewarnt hat: "Sie werden, rote Fahnen schwenkend, die Stadt Muslimen und Zigeunern überlassen". Mailand hat also einen Ex-Kommunisten zum Bürgermeister gewählt. Mit knapp 55 Prozent konnte sich Giuliano Pisapia gegen die Amtsinhaberin Letizia Moratti von Berlusconis PdL durchsetzen.
"Nationales Vorbild"
Nach langer Zeit hat die Linke hier in Italien wieder was zu feiern - und das wurde auch ausgiebig getan. Aus ganz Italien sind die Menschen nach Mailand gekommen, um sich über den Wahlsieg der Linken zu freuen. Und der neue Bürgermeister sagt in seinem ersten Interview nach dem Wahlsieg das, was seine Anhänger so gerne hören wollen: Das sei erst der Anfang. Pisapia: "Mailand ist auch ein nationales Vorbild. Wir haben gezeigt, dass wir wieder Begeisterung für Politik zurückbringen können. Aber es ist auch ein Signal, dass die unfairen Attacken auf jene zurückfallen, die sie gemacht haben. Heute war es ein Sieg hier in Mailand, aber ich bin davon überzeugt, es ist ein Signal für das ganze Land."
Rücktrittsaufruf an Berslusconi
Noch verheerender ist die Wahlschlappe der Rechten aber in Neapel ausgefallen. Dort holt Luigi di Magistris von der Anti-Korruptions-Partei "Italien der Werte" einen klaren Sieg mit 65 Prozent Zustimmung. Auch Pierluigi Bersani, der Chef der größten Oppositionspartei Partito Democratico nutzt die Gunst der Stunde, um Silvio Berlusconi wieder einmal zum Rücktritt aufzufordern: "Es ist für alle offensichtlich, wir haben eine Regierung, die teilweise handlungsunfähig ist. Sie ist nicht in der Lage die anstehenden Probleme zu lösen. Die Mitte-Rechts-Koalition hat nicht mehr die Mehrheit im Lande." Und deshalb solle Silvio Berlusconi zurücktreten.
Krisensitzung, aber kein Rücktritt
Berlusconi hat sich am Wahltag vorsichtshalber auf einen Staatsbesuch nach Rumänien begeben. Aber spätestens Dienstagnachmittag, wenn seine Partei zu einer Krisensitzung zusammentritt, wird auch er sich für diese Niederlage vor den Parteigremien zu verantworten haben. Denn immerhin hat Berlusconi die Wahlen zu einer Abstimmung über seine Person und die Regierungspolitik hochstilisiert.
Erste personelle Konsequenzen hat es schon gegeben: Der Koalitionskoordinator Sandro Bondi ist von seinem Posten zurückgetreten. Doch es wäre nicht Silvio Berlusconi, würde er sich nicht kämpferisch zeigen. Von Rücktritt könne keine Rede sein. Berlusconi: "Ich habe schon mit Koalitionspartner Bossi telefoniert. Wir sind übereingekommen, gemeinsam den Weg fortzusetzen und weiter zu regieren, um die geplanten Reformen umzusetzen."
Noch lange Zeit bis zur Wahl
Insgesamt wird das Regieren für Berlusconi nicht einfacher werden. Sein Koalitionspartner Lega Nord wird sich angesichts der Wahlschlappe noch klarer zu profilieren versuchen. Allerdings, bei allen Schwierigkeiten, die Berlusconi jetzt hat - die notorisch zerstrittene und programmlose Linke sollte sich nicht zu früh freuen. Denn die Zeit bis zu den nächsten Parlamentswahlen ist noch lang. Erst in zwei Jahren ist der nächste reguläre Wahltermin. Und in so langer Zeit kann in der Politik viel passieren - vor allem in Italien.