Soldaten verweigern Schießbefehle
Syrien: Flüchtlinge berichten
Die brutale Gewalt der syrischen Regierung treibt bereits hunderte, nach manchen Angaben sogar tausende Menschen zur Flucht in die benachbarte Türkei. Darunter nicht nur Zivilisten, sondern auch junge Soldaten. Sie erzählen türkischen Journalisten, sie hätten flüchten müssen, weil sie sich geweigert hätten, auf Frauen und Kinder zu schießen.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 10.06.2011
Erste Bilder
Mit den Flüchtlingen kommen auch erste Bilder aus Syrien ins Ausland: Eine aufgebrachte Menschenmenge, die eine Straße in einer syrischen Stadt füllt. Syrische Fahnen und das Victory-Zeichen. Viel mehr ist auf den Bildern nicht zu erkennen, die ein syrischer Flüchtling einem türkischen Zeitungsjournalisten gegeben hat. Doch solche Bilder fehlten bisher. Hatte sich die ägyptische Revolution vor Fernsehkameras abgespielt, konnte man aus Libyen bald schon Interviews mit Rebellenführern sehen, war der Aufstand gegen den syrischen Präsidenten und seine Familie bis vor wenigen Stunden unsichtbar – und teilweise unhörbar geblieben. Seit dem Gemetzel in Jisr Al-Shugour am vergangenen Wochenende beginnt sich das zu ändern. Zum ersten Mal setzen sich Flüchtlingsströme in Bewegung, und in türkischen Spitälern treffen Verletzte aus Syrien ein.
Schießbefehl verweigert - erschossen
Und es gibt erste Augenzeugenberichte. Ein syrischer Soldat namens Ahmad Gavi erzählt der türkischen Zeitung Hurriyet, er habe letzten Freitag übers Telefon den Befehl erhalten, sämtliche Demonstranten in der Stadt zu erschießen. Fünf Kameraden, die sich geweigert hätten, seien vor seinen Augen von Vorgesetzten erschossen worden. In der Folge sei es zum offenen Kampf gekommen: Soldaten gegen Offiziere. Rund 60 Soldaten hätten so wie er ihr Gewehr weggeworfen und seien in die Türkei geflüchtet. Ob dieser Augenzeugenbericht den Tatsachen entspricht oder nicht, konnten auch die türkischen Kollegen nicht überprüfen. Sicher ist, dass die Unterstützung für den syrischen Diktator bröckeln muss, wenn Soldaten sich ins Ausland absetzen.
Iranische Soldaten schießen
Bilder von Verletzten und von übel zugerichteten Leichen - Bilder, die offenbar mit Handys aufgenommen wurden - scheinen zu bestätigen, dass in Syrien bereits bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Syrische Flüchtlinge berichten von iranischen Soldaten, die auf alles schießen würden, was sich ihnen in den Weg stellt. Die türkische Regierung rechnet damit, dass sie demnächst eine Million Menschen aus dem Nachbarland aufnehmen wird müssen.