Klage gegen Diskriminierung

Blinde sollen adoptieren dürfen

Dürfen blinde Eltern ein Kind adoptieren? Im Fall eines blindes Paares aus Traun in Oberösterreich sagt die Behörde "Nein, das wäre zu gefährlich". Das Paar fühlt sich diskriminiert und klagt nun das Land. Aber auch ÖVP und Grüne sprechen von einer Diskriminierung und fordern genauere Kriterien für Adoptionen.

Mittagsjournal, 10.06.2011

Adoption durch Blinde abgelehnt

Vor einem Jahr haben Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger die Adoption eines Kindes beantragt. Beide sind seit 20 Jahren blind. Laut ihren Angaben hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land darin zunächst aber kein Hindernis gesehen, sondern gemeint, das Paar sei geeignet, blinde Kinder aufzuziehen. Doch vor wenigen Wochen kam dann die Ablehnung. Die Psychologin der Bezirkshauptmannschaft habe argumentiert: Für ein Kind genüge es adoptiert zu sein, es müsse nicht noch mit einer besonderen Situation einer Behinderung konfrontiert werden. Außerdem sei die Sicherheit des Kindes nicht gewährleistet, zum Beispiel ein Zeckenbiss oder ein Sonnenbrand könnten von den blinden Eltern nicht rechtzeitig erkannt werden.

Klage wegen Diskriminierung

Für Dietmar Janoschek sind diese Gründe vorgeschoben, die Behörde verletze damit sämtliche Gleichstellungs-und Menschenrechte, weshalb er nun vor Gericht gehe und klage - wegen Diskriminierung nach dem Behinderten-Gleichstellungsgesetz. Sollte es nötig sein, werde man bis zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gehen.

Gelungene Beispiele

Unterstützung holt sich Dietmar Janoschek bei der heutigen Pressekonferenz von einem blinden Elternpaar, das zwei bereits erwachsene Kinder großgezogen hat. Die Kinder seien normal aufgewachsen, als Blinder würde man eben Gefahren schon vorher einschätzen und die anderen Sinne verstärkt einsetzen, so der blinde Vater Andreas Hechenleitner, der das Beispiel vom Sonnenbrand aufgreift: "Den wird man in erster Linie verhindern. Sollte er dennoch passieren, dann spürt man ihn und kann entsprechend handeln."

Gemeinsamer Antrag

Der Behindertensprecher der ÖVP, Franz-Josef Huainigg, selbst im Rollstuhl und Vater einer Adoptivtochter, sieht ebenfalls eine unzulässige Diskriminierung, die durch einen Mix aus Fehlinformationen und Vorurteilen zustande komme. Die Kriterien für Adoptionen und die Vergabe von Pflegekindern sind Ländersache, Huainigg kündigt nun einen gemeinsamen Antrag der Regierungsparteien im Nationalrat an, in dem einheitliche Kriterien gefordert werden. Der Bund könne aber nur zu Gesprächen einladen, meint Huainigg.

Druck machen

Die Grüne Familiensprecherin Daniela Musiol widerspricht. Der Bund könne sehr wohl Druck machen. Denn die Rahmenbedingungen seien im Jugendwohlfahrtsgesetz geregelt und das harre seit Jahren einer Reform. Die Rahmenbedingungen für Adoptionen und die Vergabe von Pflegekindern gehörten verschärft und überarbeitet, so Musiol - "damit Behinderung ganz sicher kein Ausschließungsgrund ist, um Kinder adoptieren zu können."

Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger wollen das Gerichtsurteil nicht abwarten. Sie sind nach Wien übersiedelt und haben nun dort vor kurzem die Adoption eines Kindes beantragt.

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