Dreifachkatastrophe noch nicht überstanden
Drei Monate nach Fukushima
Vor genau drei Monaten, am 11. März, hat eine unvorstellbare Katastrophe Japan heimgesucht. Ein Erdbeben der Stärke 9,0 erschütterte den Nordosten Japans, der darauffolgende Tsunami machte ganze Landstriche dem Erdboden gleich und schließlich die Atomkatastrophe von Fukushima. Jetzt ist wieder Normalität in Japan eingekeht, aber die Menschen sind mutiger geworden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.06.2011
Fukushima: Mehrere Kernschmelzen
Dies ist der Ton der allerersten Aufnahmen, aus den Räumen einer Fernsehstation in Sendai im Unglücksgebiet. Nach dem gewaltigen Beben überfluten viele Meter hohe Wellen Japans Nordostküste bis weit in Hinterland hinein, und zerstören alles was sie erfassen. Damit nicht genug: Das AKW Fukushima Daichi wird schwer beschädigt, Stromversorgung und Kühlsysteme fallen aus. Erst vor kurzem hat die Betreiberfirma TEPCO zugegeben, dass es sehr bald danach zu Kernschmelzen gekommen ist. Die Atomruine strahlt bis heute.
Energiemangel wegen Klimaanlagen erwartet
Andere Meiler bleiben ausgeschaltet, in den Sommermonaten, wenn die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen, wird es Engpässe geben. Konzerne mit hohem Energiebedarf müssen ihren Verbrauch um 15 Prozent reduzieren.
100.000 Menschen noch immer in Notlagern
In den Bebengebieten der drei betroffenen Präfekturen Iwate, Myagi und Fukushima türmen sich weiter Trümmerberge, noch immer sind nicht alle Toten geborgen. Fast hunderttausend Menschen hausen nach wie vor in Hallen und Notlagern, viele sind schwer traumatisiert und brauchen psychologische Hilfe. Manche zögern, in bereitstehende Behelfshäuser umzuziehen, denn da gibt es Lebensmittel und Versorgung nicht mehr kostenlos. Beben und Tsunami haben vielen nicht nur die Häuser, sondern auch den Arbeitsplatz zerstört, sie sind in Geldnot. Zwar sind die Spendentöpfe voll, aber die Verteilung ist kompliziert und schleppend.
Ministerpräsident Kann in Bedrängnis
In Schwierigkeiten ist auch Ministerpräsident Naoto Kan. Die oppositionellen Liberaldemokraten und einige Abweichler aus seiner Partei legen es darauf an, ihn aus dem Amt zu jagen. Nur dadurch, dass er seinen Rücktritt in Aussicht gestellt hat, hat Kan kürzlich ein Misstrauensvotum der Opposition im Parlament überstehen. Ihm wird ein schlechtes Krisenmanagement vorgeworfen. Gerade ein Jahr ist Kan im Amt, jetzt sind seine Tage gezählt.
Morgenjournal, 11.06.2011
Notlager werden aufgelöst
Martin Fritz berichtet, dass sich in Japan das Alltagsleben wieder normalisiert habe. Fukushima und die Strahlung seien aber nach wie vor große Themen in den Medien.
Die Notlager, in denen die Beben- und Flutopfer derzeit sind, sollen bis zum Sommer aufgelöst werden. Behelfsmäßige Häuser seien gebaut worden und Mietwohnung würden den Menschen zur Verfügung gestellt. Durch den Ausfall der Atomkraftwerke bereite sich Japan aber auf eine Energieknappheit im Sommer vor.
Flucht aus der zerstörten Region
Viele junge Menschen aus den vom Tsunami betroffenen Gebieten verlassen die Region, die alten Menschen bleiben. Es herrsche aber viel Depression, denn vor allem die Älteren sähen keine Möglichkeit mehr die Orte neu aufzubauen.
"Mutbürger" wehren sich gegen Atom
Stresstest für AKWs gebe es auch in Japan. Die Atomkraftwerke würden jetzt kontrolliert und verstärkt werden, berichtet Fritz. Von den 54 vorhandenen Meilern seien derzeit 30 abgeschaltet. Bemerkenswert sei allerdings, dass seit der Katastrophe viele Bürgerinitiativen gegründet worden seien. Die Menschen wollten sich nicht mehr von der Atomindustrie und der Regierung bevormunden lassen, stellt Fritz fest. Mütter hätten zum Beispiel angefangen in Schulen und Kindergärten die radioaktive Strahlung zu messen, und hätten damit Verbesserungen erzwungen.