Kein Zweifel am Sieg der AKP

Türkei wählt am Sonntag ein neues Parlament

In der Türkei wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt und es gibt wenig Zweifel daran, dass Regierungschef Recep Tayyip Erdogan mit seiner islamisch-konservativen AKP zum dritten Mal gewinnen wird. Er könnte sogar zwei Drittel der Abgeordnetensitze erobern. Erdogan zeigt immer mehr autoritäre Züge, das beunruhigt viele. Zudem ist die Hürde für den Einzug ins Parlament mit zehn Prozent sehr hoch.

Mittagsjournal, 11.06.2011

Proteste gegen Kontrolle des Internet

Dass die Türkei ein sehr junges Land ist, das war auch im Wahlkampf immer wieder zu sehen und zu hören. Schüler und Studenten, die sich über Facebook kennen gelernt haben, protestieren gegen Manipulationen bei den Prüfungen und gegen die Pläne der Regierung, das Internet stärker zu kontrollieren.

Erdogan immer mehr absoluter Herrscher

Kein Zweifel – Recep Tayyip Erdogan, der starke Mann der Türkei, zeigt immer mehr autoritäre Züge. Andererseits ist es gerade er, der es als erster ziviler Politiker gewagt hat, das mächtige Militär in die Schranken zu weisen.
Zahlreiche Offiziere sitzen im Gefängnis und müssen sich wegen ihrer Verwicklung in Putschversuche verantworten. Andererseits werden diese Verfahren benützt, um unliebsame Kritiker der Regierung aus dem Weg zu schaffen.

57 Journalisten im Gefängnis

"In der Türkei wurden Meinungsfreiheit und Pressefreiheit immer wieder unterdrückt, oft auch von den Militärs. ", sagt Safak Pavey von der sozialdemokratischen CHP. "Aber 57 Journalisten, die im Gefängnis sitzen und teilweise seit Jahren darauf warten, dass man ihnen sagt, was sie eigentlich verbrochen haben - das gab es vorher noch nie.", so Pavey.
Der Regierungschef rechtfertigt sich damit, dass die Gerichte unabhängig seien. Einer der vielen Widersprüche in einem Land, das gerade erst dabei ist, sich selbst zu erfinden: als moderner, demokratischer Staat mit konservativen, islamischen Werten.

Angst vor Islamisierung

In den liberalen Städten an der Westküste hört man immer wieder die Befürchtung, ein weiterer Wahlsieg Erdogans würde mehr Islam im Alltag bedeuten und die westliche Lebensweise einschränken. Doch das sei nur die Abwehrreaktion der bisherigen Elite, die nun ihre Macht teilen müsse, meint die Soziologin Barbara Pusch, die seit 18 Jahren die Entwicklung der türkischen Gesellschaft aus der Nähe beobachtet. Pusch: "Vor 15 Jahren hat es nur eine Elite in diesem Land gegeben, man hat nur säkular eingestellt Leute gesehen, in den Cafés, in den Luxushotels. Heute gibt es auch eine proislamische oder konservative Elite. Damit sind diese Leute sichtbarer geworden."

Extrem hohe Hürde für Einzug ins Parlament

Am Wahlergebnis gibt es wenig Zweifel. Weder die Sozialdemokraten, noch die Ultranationalisten können es mit Erdogan aufnehmen. Die meisten der 27 Parteien werden es gar nicht schaffen, die 10-Prozent-Hürde zu nehmen und ins Parlament zu kommen. All das steht jetzt schon fest. Offen ist nur die Frage, was Erdogan aus seinem Sieg machen wird.