Rechtliches zur Bundeshymnendebatte

Land der Töchter?

Österreich hat ein politisches Sommerthema: die Diskussion über die Textänderung der Bundeshymne. Wer glaubt, dass mit der Einigung vom Mittwoch das Thema vom Tisch sei, der irrt. Im Herbst soll das Gesetz im Nationalrat beschlossen werden und dann wird die Diskussion über Sinn oder Unsinn der großen Töchter wohl wieder aufflammen.

Morgenjournal, 14.7.2011

Bundeshymnenänderungssgesetz

Jetzt haben also acht weibliche Nationalratsabgeordnete aus ÖVP, SPÖ und Grün-Fraktion einen Antrag eingebracht: Sie schlagen ein Bundesgesetz vor, mit dem die Österreichische Bundeshymne geändert wird. Paragraf eins soll lauten: Der Text der Österreichischen Bundeshymne wird dahingehend geändert, dass die Wortfolge "Heimat bist du großer Söhne" durch die Wortfolge "Heimat großer Töchter, Söhne" ersetzt wird.

Ein Bundeshymnenänderungssgesetz also. Dabei haben wir bisher nicht einmal ein Bundeshymnengesetz. Die rechtliche Konstruktion der Bundeshymne ist, auf gut österreichisch formuliert, tatsächlich etwas "hatschert". Die Bundeshymne wurde nämlich im Jahr 1947 durch einen Ministerratsbeschluss festgelegt, der nicht einmal im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden sei und daher in seiner rechtlichen Qualität sehr unklar sei, erklärt Verfassungsrechtsprofessor Theo Öhlinger.

Hymne wird legitimiert

Der Ministerratsbeschluss hatte in der Vergangenheit bereits zu juristischen Diskussionen geführt: Ob man denn überhaupt eine Bundeshymne durch das Strafgesetzbuch gegen Verspottung schützen kann, die selbst nicht einmal gesetzlich definiert ist, lautete die Frage. Man kann, entschied der Oberste Gerichtshof 1988. Jetzt, 2011, soll also die Hymne nicht nur gendermäßig sondern auch rechtstechnisch saniert werden.

Man beachte: Nur die zu ändernden Worte werden in Gesetzesrang erhoben, trotzdem sei dies ausreichend zur Legitimierung der gesamten Hymne, sagt Verfassungsrechtler Öhlinger und findet das gut, weil die bisherige Rechtsquelle ja fragwürdig sei.

Wobei, übertreiben soll mans auch nicht, findet der Verfassungsrechtler, ein einfaches Gesetz reicht, ein Verfassungsgesetz mit parlamentarischer Zwei-Drittelmehrheit muss es nicht sein.

Klage gegen Töchter abgeblitzt

Was hätte wohl Textdichterin Paula von Preradovic zur Textänderung gesagt? Wir wissen es nicht. Aber wir erinnern uns an einen aufsehenerregenden Rechtsstreit, der erst im Jänner dieses Jahres endgültig entschieden wurde. Da hatte doch Popsängerin Christina Stürmer den Hymnentext mit "großen Söhnen und Töchtern" erklingen lassen, und der Verlag und Preradovics Erben wegen vermuten Eingriffs ins Urheberrecht prompt dagegen geklagt.

Der OGH ließ Verlag und Erben aber abblitzen und begründete dies unter anderem mit folgenden für Stürmers Aufnahme anerkennenden Worten. "Die Veränderung am Text sei erkennbar in der Absicht erfolgt, den Grundsatz der Gleichbehandlung beider Geschlechter zum Ausdruck zu bringen."