Österreichische Chefkuratorin in New York
Breitwiesers erste MoMA-Ausstellung
Im New Yorker Museum of Modern Art ist die erste Ausstellung zu sehen, die die Österreicherin Sabine Breitwieser für das MoMA kuratiert hat. Breitwieser wurde in Österreich vor allem als Gründungsdirektorin der Generali Foundation bekannt.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 19.07.2011
Christine Scheucher im Gespräch mit Sabine Breitwieser
Als erste Österreicherin hat es Sabine Breitwieser ins Führungsteam des weltberühmten New Yorker Museum of Modern Art geschafft. Seit vergangenem Oktober ist Breitwieser Chefkuratorin am MoMA und verantwortlich für die relativ junge Abteilung "Media and Performance".
In Österreich ist Sabine Breitwieser vor allem als Gründungsdirektorin der Generali Foundation bekannt, die sie von 1988 bis 2007 geleitet hat. In New York ist nun die erste Ausstellung zu sehen, die Sabine Breitwieser für das MoMA kuratiert hat. Sie zeigt Arbeiten des deutschen Essayfilmers Harun Farocki, die sich unter anderem mit den medialen Bildern vom Krieg befassen.
Das Spiel mit den harten Tatsachen
Soldat Watson gerät mit seinen Kameraden in einen Hinterhalt, ein Heckenschütze trifft ihn, er fällt zu Boden, während seine Mitstreiter einen Panzer durch ein unwegsames Wüstengelände navigieren. Soldat Watson bleibt liegen, sein Alter Ego lässt sich resignierend nach hinten in den Stuhl fallen. Denn wir befinden uns nicht in der irakischen Wüste, sondern in einem Schulungszentrum der U.S. Army.
Jungen Rekruten wird hier das Kriegshandwerk beigebracht - und zwar mit Hilfe von Computerspielen. "Serious Games" nennt der deutsche Filmemacher Harun Farocki seine Zweikanal-Videoinstallation. Sie zeigt virtuelle Welten als modernste Waffe im viel zitierten Krieg der Bilder. Virtuelle Welten, fest verankert im Territorium der Realität.
Mittagsjournal, 19.07.2011
Reale Verhältnisse imitiert
"In diesen Spielen entspricht zum Beispiel die Entfernung von einer Straße zu einem Berghang den tatsächlichen Gegebenheiten und eine Kugel fliegt im Spiel soweit, wie sie im Ernstfall wirklich fliegen würde. Selbst der Schattenwurf entspricht den realen Sonnenverhältnissen des Kriegsschauplatzes, auf den die Soldaten vorbereitet werden", sagt Farocki.
Werden mit diesen nach realem Vorbild gefertigten Bildern auch neue Wirklichkeiten erzeugt? Die Wirklichkeit eines Krieges etwa, in dem man wie in einem Videogame drauflos ballert, ohne - so scheint es - echtes Blut zu vergießen?
"Ich denke, er trifft mit seiner Arbeit eine Kernfrage, der Medien aber auch unseres Lebens. Denn die Aussage, die hier doch ganz klar ist, lautet, dass wir das meiste, was wir heute erleben, nicht unmittelbar erleben, sondern über Medien", so Breitwieser.
Ein Filmemacher im Museum
In den vergangenen Jahren wurden Harun Farockis Filme vermehrt im Kunst- und Museumskontext rezipiert. Vorläufiger Höhepunkt dieses Interesses der Kunstwelt an Farockis Filmen ist wohl die aktuelle Ausstellung "Images of War (at a Distance)" im MoMA, die eigentlich fast schon als Werkschau bezeichnet werden muss. So gut wie Farockis gesamtes filmisches Oeuvre ist zu sehen. Denn erst vor kurzem hat Breitwieser eine beträchtliche Anzahl von Farockis Filmen und Installationen für das MoMA erworben.
"In den USA kann man als Ausstellungsmacherin in ganz anderen Dimensionen denken. Das MoMA ist ein Museum, das ausschließlich privaten finanziert wird. Diese privaten Geldgeber können unglaublich großzügig sein, wenn man sie für etwas begeistert", betont Breitwieser.
Ankäufe im großen Stil
Begeistern muss Sabine Breitwieser in ihrer Funktion als Chefkuratorin vor allem die Trustees, also Stiftungsräte, die im Aufsichtsgremium des MoMA sitzen. Sie sind oft selbst Unternehmer oder CEOs großer Unternehmen, die nicht nur über ein entsprechendes Einkommen, sondern auch ein entsprechendes Netzwerk verfügen. Anders als in den meisten Museen Europas, denen Mittel fehlen, um ihre Sammlungen zu erweitern, sind Ankäufe im großen Stil am MoMA kein Problem.
"Man hat es hier nicht mit Politikern zu tun, sondern mit privaten Mäzenen, die teilweise wirklich große Projekte ermöglichen", fügt Breitwieser hinzu.
Großer Publikumsandrang
Nicht nur in Budgetfragen bewegt man sich in New York in anderen Dimensionen. Zwischen 6.000 und 8.000 Besucher zählt das MoMA täglich. Damit gehört es weltweit zu einem der bestbesuchten Museen moderner Kunst. Diesem großen Publikum will Sabine Breitwieser in ihrer ersten Ausstellung fürs MoMA nun das filmische Schaffen Harun Farockis näherbringen. Die Ausstellung "Images of War (at a Distance)" ist noch bis Jänner 2012 in New York zu sehen.