Versöhnliche Worte, alte Probleme

Geteilter Sudan: Gute Nachbarschaft?

Die Teilung des Sudans ist vollzogen. Der zur Schau getragene Frieden ist trügerisch, denn die alten Konflikte zwischen dem Norden und dem Süden sind geblieben. Doch der sudanesische Außenminister Ali Karti bemüht sich bei einem Besuch in Wien, ein rosiges Bild zu zeichnen.

Morgenjournal, 20.07.2011

Diplomatische Worte

Der Sudan verliert ein Drittel seines Territoriums, die Regierung in Khartum aber macht gute Miene zum bösen Spiel, sie fügt sich ins Unvermeidbare und verkündet die formelle Anerkennung des neuen Staates. Der alte Erzfeind des Südens, Präsident Omar Al Bashir, der international als Kriegsverbrecher gesucht wird, nimmt sogar an der großen Unabhängigkeitsfeier in Juba teil. Der sudanesische Außenminister Ali Karti erklärt das im Ö1-Interview so: "Wir waren auf diese neue Situation vorbereitet, aber was besonders wichtig ist, wir sind auch darauf vorbereitet, mit dem Süden zusammenzuarbeiten." Schöne diplomatische Worte, die aber nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die alten Konflikte zwischen dem Norden und dem Süden noch lange nicht Geschichte sind.

Verhandlungen um Abyei

Immerhin haben die Muslime im Norden und die Christen im Süden in zwei Bürgerkriegen erbittert gegeneinander gekämpft. Erst 2005, nach mehr als zwei Millionen Toten, sind sie zu der Erkenntnis gekommen, dass nun Schluss sein muss mit dem Gemetzel. Und in dem im Friedensvertrag vorgesehenen Referendum sprechen sich 99 Prozent aus aller Südsudanesen für die Unabhängigkeit aus. Die Sichtweise des sudanesischen Außenministers: "Leider haben einige politische Führer ihren Willen durchgesetzt und haben die Menschen im Süden veranlasst, für die Trennung zu stimmen." Den bewaffneten Konflikt um die Region Abyei spielt er herunter: "Die Situation in Abyei bekommt man leicht in den Griff, wir werden bald Verhandlungen aufnehmen."

Und zur Lage in Süd-Kordofan, der zweiten unruhige Grenzregion, in der - so wird befürchtet - Khartum möglicherweise gezielte Tötungen durchführen lässt wie früher in Dafur, meint Karti, es sei nicht so wie es in den Medien dargestellt wird.

Hilfe nicht nur für den Süden

Tatsache ist, dass sich der Süd-Sudan derzeit großer internationaler Sympathien erfreuen kann: UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon drängt den Westen, den neuen Staat zu unterstützen, Hilfsorganisationen überschwemmen das Land mit Gütern. Der Süd-Sudan ist zum internationalen Liebling geworden. Ali Karti hält das für nicht besonders fair. Er räumt zwar ein, dass es ganz natürlich ist, wenn ein neuer Staat besonders unterstützt wird, wünscht sich aber auch für seine Norden einen gewissen Beistand, weil er ja am meisten durch die Teilung verloren hat.

Gute Nachbarschaft?

Immerhin sind es drei Viertel seiner bisherigen Ölvorkommen, auf die der Norden künftig verzichten muss, wenngleich er nach wie vor den einzigen Hafen und die Raffinerien kontrolliert. Der neue süd-sudanesische Staat wird für die Nutzung der Pipelines und der Anlagen zahlen müssen. Die Frage, ob er dabei mit Schwierigkeiten rechnet, lässt Ali Karti unbeantwortet, er zeigt sich lieber optimistisch: "Es könnte eine gute Nachbarschaft werden."