Fortgesetzter Verstoß gegen UN-Konvention

Noch immer: Behinderte in Sonderschulen

Österreich erfülle die UN-Konvention zur Integration behinderter Kinder nicht, kritisiert Marianne Schulze vom Monitoring-Ausschuss, der die Umsetzung dieser UN-Konvention überwacht. Schulze fordert grundlegende Änderungen im Schulwesen für Behinderte.

Morgenjournal, 22.07.2011

Nur kleine Verbesserungen

Jedes Kind habe das Recht, in eine Schule seiner Wahl zu gehen, auch Kinder mit Behinderung - das schreibe die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung fest, die Österreich vor mittlerweile drei Jahren ratifiziert hat, sagt Marianne Schulze. Von einer Abschaffung der Sonderschulen und der Integration von Kindern mit Behinderung ins Regelschulwesen seien wir aber noch weit entfernt. Und daran ändere auch die jüngst beschlossene Änderung bei der 9. Schulstufe nichts, so Schulze. Die Ausweitung der Integrationsklassen von der achten auf die neunte Schulstufe sei nur eine kleine Verbesserung, sagt Schulze.

Grundlegende Änderung nötig

Rund 27.800 Schülerinnen und Schüler mit sogenanntem sonderpädagogischem Förderbedarf hat es zuletzt laut Statistik Austria gegeben. 48 Prozent davon, also fast die Hälfte, gehen in eine Sonderschule. Dass der Anteil noch immer so hoch ist, liege daran, dass das Bildungsministerium eine Politik der kleinen Schritte mache, sagt Schulze. Die Einsicht, dass das Schulsystem grundlegend geändert werden müsse, fehle aber. "Die Beibehaltung von Sonderschulen, von separaten Systemen im Bildungswesen einzig aufgrund des Merkmals Beeinträchtigung bzw. Behinderung widerspricht dem Antidiskriminierungsansatz der Konvention. Daher ist diese Zwei- bzw. Dreigleisigkeit des Bildungssystems aufzuheben."

Integration keine Geldfrage

Dass das machbar sei, zeigen nicht nur viele internationale Beispiele, sondern etwa auch die Tiroler Stadt Reutte. Dort habe man vor zehn Jahren beschlossen, die Sonderschule sukzessiv abzubauen und behinderten Kindern die nötige Unterstützung im Regelschulsystem zu geben. Um dieses erfolgreiche Beispiel auf ganz Österreich auszuweiten, sei nur politischer Wille nötig. An Geldfragen scheitere es jedenfalls nicht, sagt Marianne Schulze. Denn das zweigleisige System koste mehr als das eingleisige.

Lehrerausbildung

Außerdem müssten in der geplanten neuen Lehrerausbildung alle Lehrer auf die Arbeit mit Kindern mit Behinderung vorbereitet werden, so Schulze. Bisher hat ein Großteil der Regelschul-Lehrerinnen und Lehrer nämlich gar keine Erfahrung damit.