Der Schriftsteller im Interview
Javier Marías erhält Staatspreis
Der spanische Schriftsteller Javier Marías ist der diesjährige Träger des Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Nach Jorge Semprun, der 2006 ausgezeichnet wurde, ist Marías der zweite Spanier, der den seit 1965 vergebenen Preis erhält.
8. April 2017, 21:58
Kulturministerin Claudia Schmied wird am Samstag, 30. August 2011 den mit 25.000 Euro dotierten Staatspreis übergeben.
Kulturjournal, 26.07.2011
Langes Warten auf neuen Roman
Nach dem Publikumsgeschmack hat Javier Marías nie geschrieben. Der spanische Autor ist überzeugt, ohne Erfolgsdruck am besten zu arbeiten. Über vier Jahre waren seit dem Erscheinen seines letzten Romans vergangen, zur Eile drängen ließ er sich vom Verleger dennoch nicht. Erst als er mit den letzten Korrekturen zufrieden war, erschien im Frühjahr "Die Verliebtheiten" und wurde in Spanien zum Erfolg. Um einen fünfstelligen Pfund-Betrag wurden die englischen Rechte von Penguin für die Reihe Modern Classics erworben. Wann der Roman auf Deutsch erschienen wird, ist noch nicht entschieden.
Moden interessieren ihn nicht, versichert Javier Marías glaubhaft. Während Historienromane zurzeit massenweise erscheinen, hält er an seinen Themen fest: "Ich schreibe nur über Dinge, die mich auch in meinem Leben beschäftigen. Die Zeit, in der ich lebe und Themen wie der Verrat, das Misstrauen, Geheimnis und Betrug, die beschäftigen mich auch persönlich. Deshalb suche ich nicht nach den erfolgversprechenden Themen."
Später Erfolg
Hier ist ein Autor, der nicht nach dem Erfolg schielt. Der hat sich ohnehin spät eingestellt - die Hälfte seiner Laufbahn musste der bald 60-jährige Junggeselle vom Lohn anderer Arbeiten leben. Bis 1992 unterrichtete er an der Universität von Madrid.
In diesem Jahr erschien "Mein Herz so weiß"; der Roman wurde vier Jahre später in der deutschen Übersetzung zum Verkaufsschlager. Eine überschwängliche Empfehlung Marcel Reich-Ranickis brachte den Titel in den Bestsellerlisten ganz nach oben. Diese Empfehlung habe ihm nicht nur im deutschen Sprachraum sehr geholfen, betont Marías.
Verschachtelter Stil
Mit 18 veröffentlichte Marías sein erstes Buch, der zuletzt erschienene Roman "Verliebtheiten" macht die Nummer 13. Im Lauf der Jahre stellte sich nicht nur der Erfolg, sondern auch die internationale Anerkennung ein.
Der als schwierig beschriebene Autor, dessen verschachtelter Stil bei Übersetzern gefürchtet ist, erhielt in Spanien den Premio Herralde, in Venezuela den Romulo Gallego und in Deutschland den Nelly-Sachs-Preis. Am kommenden Samstag wird ihm in Salzburg der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur übergeben, mit dem - in den Worten der Jury - "ein Schriftsteller geehrt wird, der aus dem Zentrum der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt und dessen Bücher 'auf europäisch geschrieben' sind."
Sprache als Hilfsmittel der Verständigung
"Meine Personen sind austauschbar, sie sind an kein Land gebunden", sagt Marías. "Mehr noch bin ich der Meinung, dass die Sprache, in der jemand schreibt, von sekundärer Bedeutung ist. Die Sprache ist letztlich nur ein Hilfsmittel des Ausdrucks und der Verständigung."