Machtkampf am Höhepunkt

Militärführung tritt geschlossen zurück

In der Türkei ist die gesamte Militärführung zurückgetreten, aus Protest gegen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. In den vergangenen Wochen sind Dutzende Generäle unter Putschverdacht verhaftet worden.

Morgenjournal II, 30.07.2011

Streit entschieden?

Generalstabschef Isik Kosaner ist der erste, der seinen Rücktritt erklärt, die Kommandanten der Armee, der Marine und der Luftwaffe folgen. Dieser Schritt ist beispiellos in der Geschichte der Türkei. Der schon seit längerem schwelenden Machtkampf zwischen den säkularistischen Militärs und der religiös -konservativen Regierung hat damit seinen absoluten Höhepunkt erreicht.
Und so wie es derzeit aussieht, geht Ministerpräsident Erdogan als Sieger daraus hervor. Sofort präsentiert der Regierungschef einen möglichen Nachfolger für die Militärführung. Er bittet General Necdet Özel, bisher Kommandant der Gendarmerie, zu einem Gespräch.

Militäreinfluss zurückgedrängt

Es ist offensichtlich: Özel wird den scheidenden Generalstabschef Kosaner ersetzen, der sich in den vergangenen Tagen mehrmals mit Erdogan getroffen hat, um sich für die 42 Generäle einzusetzen, die zuletzt unter Putschverdacht verhaftet worden sind. Aber Kosaner war dem Regierungschef anscheinend nicht gewachsen. Erdogan ist es in den vergangenen Wochen gelungen, den Einfluss des Militärs auf die türkische Gesellschaft drastisch zurückzudrängen, mit bewusst lancierten Putschgerüchten und mit Verhaftungen. Zuletzt durften die Militärs nicht einmal mehr selbst über die Postenverteilung in den eigenen Reihen entscheiden. So gesehen hat es die Armee nicht mehr geschafft, das ihr verbriefte Recht als Hüterin der Verfassung durchzusetzen. Erdogan war einfach geschickter.