Entwürfe für Ground Zero im MoMA

Zehn Jahre nach der Katastrophe

Jahrelang hat sich wenig getan am wohl teuersten Baugrund der Welt, einem rund 6,5 Hektar großen Gelände an der Südspitze Manhattans, besser bekannt als Ground Zero. Rund um die Finanzierung der neuen Bebauung war ein Tauziehen zwischen dem Investor und der Stadt New York entbrannt, der für jahrelangen Stillstand sorgte. Jetzt geht der Wiederaufbau des World Trade Center zügig voran.

Zum 10. Jahrestag des 11. September soll die nationale Gedenkstätte am Ground Zero eröffnet werden und der größte Wolkenkratzer am Gelände, ehemals als Freedom Tower bekannt, ragt bereits an die 70 Stockwerke in die Höhe. Trotz dieser Fortschritte erinnert eine Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art jetzt an jene architektonischen Entwürfe für Ground Zero, die niemals gebaut werden.

Kulturjournal, 01.08.2011

Eine Etage pro Woche! So schnell gehen die Arbeiten auf New Yorks berühmtester Baustelle voran. Auf YouTube kann sich die Bevölkerung über die Fortschritte auf der Großbaustelle informieren. Die Botschaft des Bauherrn, der New Yorker Hafenbehörde: Es tut sich was am Ground Zero. "Die Leute bedanken sich bei mir, wenn sie hören, dass ich auf der Baustelle des World Trade Center arbeitet", erzählt ein Bauarbeiter in einem der unzähligen Imagevideos, die über den aktuellen Stand der Bauarbeiten informieren. Hier wird ein Wiederaufbau als nationales Ereignis zelebriert.

Symbolpolitische Bedeutung

Ein Ereignis, das sich in die Länge gezogen hat, weil sich der Grundstücksbesitzer, also die New Yorker Hafenbehörde, und der Pächter der eingestürzten Twin Towers, Immobilientycoon Larry Silverstein, nicht über die Finanzierung des Wiederaufbaus einigen konnten. Hitzige Debatten wurden aber auch ausgefochten, als es um die Frage ging, was denn konkret gebaut werden soll. 2002 wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den der polnisch-amerikanische Architekt Daniel Libeskind für sich entscheiden konnte. Libeskind zeichnet nach wie vor für den Masterplan des Areals verantwortlich. Den höchsten Turm am Ground Zero, der einst als Freedom Tower bekannt war, wird er aber nicht bauen. In der gläsernen Spitze des Freedom Towers hatte Libeskind hängende Gärten und ein Museum geplant - eine Vorstellung, die seinen Auftraggebern wohl zu exzentrisch erschien. Sie entschieden sich stattdessen für mehr vermietbare Büroflächen. Schon im Sommer 2003 hatte Financier Silverstein Libeskind in eine "beratende Funktion" abgeschoben.

"Der Wiederaufbau am Ground Zero folgte den Regeln profitorientierter Immobilienentwicklung", sagt Barry Bergdoll, Chefkurator für Architektur am Museum of Modern Art in New York. "New York ist von Immobilienmagnaten gebaut worden. Und manchmal haben sie uns wie im Falle des Empire State Buildings oder des Chrysler Buildings wunderbare Bauten geschenkt - obwohl man natürlich auch die Frage stellen muss, ob diese Gebäude funktionieren. Eine Stadt besteht schließlich nicht nur aus einer aufregenden Skyline! Aber letztlich ist es meist so, dass privates Kapital und private Immobilienentwickler entscheiden, wie die Stadt aussehen soll."

Was die architektonische Gestaltung am Ground Zero betrifft, habe New York eine große Chance vergeben, fügt Barry Bergdoll hinzu. Deshalb hat er im MoMA eine Ausstellung kuratiert, die jene Wettbewerbsentwürfe für Ground Zero zeigt, die nicht gebaut werden.

Visionen, die nie gebaut werden

"Der ehemals als Freedom Tower bekannte Wolkenkratzer, der jetzt gebaut wird, ist ein Kompromiss, der mit Daniel Libeskinds ursprünglichem Entwurf nicht viel zu tun hat", so Bergdoll. "Was jetzt gebaut wird, ist leider weniger spannend als einige der Vorschläge, die es in die engere Auswahl des Architekturwettbewerbs für Ground Zero geschafft haben. Ich wollte in unserer Ausstellung an diese exzellenten Entwürfe erinnern. Es gab viele architektonische Visionen, die viel radikaler und interessanter gewesen sind als die Pläne, die jetzt realisiert werden. Und ich vermute, dass Architekturhistoriker in 100 Jahren sagen werden, dass diese nie gebauten Entwürfe viel einflussreicher gewesen sind."

Anlässlich des 10. Jahrestages der Terroranschläge vom 11. September zeigt die Ausstellung "194X - 9/11. American Architects and the City" die nicht realisierten Visionen für Ground Zero - bis Jänner 2012 im Museum of Modern Art in New York.