Gustavo Dudamel in Salzburg
Jubel für das Simón Bolívar Orchestra
Viele große Orchester gastieren heuer wieder bei den Salzburger Festspielen. Das vielleicht am stärksten umjubelte dieser Saison ist das "Simón Bolívar Symphony Orchestra" aus Venezuela.
26. April 2017, 12:23
Kultur aktuell, 02.08.2011
Das ehemalige Jugendorchester ist aus einem wegweisenden Sozialprogramm hervorgegangen, dessen Ziel es ist, Kindern und Jugendlichen in Venezuela - besonders jenen aus ärmeren Verhältnissen - eine fundierte musikalische Ausbildung zu ermöglichen. Unter der Leitung von Gustavo Dudamel gab das Orchester in der Felsenreitschule das erste von zwei Konzerten in Salzburg.
Impulsiv und kontrastreich spielten die Gäste aus Venezuela Musik von Peter Illjitsch Tschaikowsky. Ein Stil, der schon fast charakteristisch ist für venezolanische Klangkörper, und ganz besonders für das "Simón Bolívar Youth Orchestra", das seit kurzem eigentlich "Simón Bolívar Symphony Orchestra" heißt.
Am Programm standen drei Shakespeare-inspirierte Werke Tschaikowskys, dazwischen rezitierte der britische Schauspieler Simon Callow passende Textstellen.
Die drei Tschaikowsky-Werke, interpretiert vom venezolanischen Orchester, sind heuer beim Label Deutsche Grammophon erschienen. Dort hat das Orchester auch schon Tschaikowskys Fünfte sowie Sinfonien von Mahler und Beethoven aufgenommen. Die CDs dieses Klangkörpers sind heiß begehrt, seine Konzerte schnell ausverkauft.
Diesen Erfolg verdankt das Orchester der Vision eines Ökonomen und Musikers. 1975 rief José Antonio Abreu ein Programm ins Leben, mit dem möglichst viele Kinder aus unterprivilegierten Verhältnissen eine gute musikalische Ausbildung erhalten sollten. Mehr als eine halbe Million junge Menschen sind seither durch dieses staatlich geförderte Programm gegangen, das die Venezolaner einfach "El Sistema" nennen.
Ihr berühmtester Exponent ist heute der 30-jährige Dirigent Gustavo Dudamel. Mit seinem Lehrer Abreu teilt er die Überzeugung: Jeder habe ein Recht auf Musik.
Jugendliche ohne Perspektive rutschen in Venezuela leicht in die Kriminalität und ins Drogenmilieu ab. Ihn hätte wohl ohne die Musik ein ähnliches Schicksal getroffen, glaubt Dudamel. Heute ist er einer der gefragtesten jungen Dirigenten und leitet neben Venezuelas Symphonieorchester das Los Angeles Philharmonic und die Göteborger Symphoniker.
Wo immer er mit seinen jungen Kollegen aus Venezuela auftritt, sorgt er für Begeisterung. Bei den Salzburger Festspielen gab es langanhaltenden Jubel und Standing Ovations. Am Sonntag ist in Salzburg auch der Begründer von "El Sistema" geehrt worden: José Antonio Abreu erhielt von Kulturministerin Claudia Schmied das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse.
Die Musikausbildung sei in Venezuela bereits zum Symbol geworden, so Dudamel. Zur Politik seines Landes und seinem umstrittenen Staatschef Hugo Chávez will sich der junge Dirigent nicht äußern. Sein Interesse liege in der Musik, die alle politischen, ethnischen und sozialen Grenzen überwinde.
Am Mittwoch treten Dudamel und sein Orchester ein zweites Mal in Salzburg auf: Im Großen Festspielhaus werden sie Gustav Mahlers 2. Symphonie spielen.