Paukenschlag im Amtsmissbrauchs-Prozess
Ukraine: Timoschenko in Haft
In einem umstrittenen Prozess ist die frühere ukrainische Regierungschefin Timoschenko in Untersuchungshaft genommen worden. Die Justiz wirft ihr Amtsmissbrauch vor, unter anderem bei einem mit Russland abgeschlossenen Gasabkommen. Bei dem Prozess hat Timoschenko schon mehrmals Störversuche unternommen.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 5.8.2011
Heide Rasche aus Kiew
Haft nach Störversuchen im Gericht
Die heutige Oppositionsführerin Julia Timoschenko, eine Galionsfigur der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004, wurde am Freitag direkt vom Gerichtssaal aus in ein Gefängnis gebracht. Die Staatsanwaltschaft hat die Haft nach mehreren Störversuchen der 50-Jährigen beantragt. Nach der Entscheidung kam es zu Handgreiflichkeiten im Saal. Vor dem Gebäude mussten Sicherheitskräfte Demonstranten massiv von der Straße drängen, damit der Polizeiwagen mit der Politikerin zum Gefängnis fahren konnte.
Westliche Beobachter skeptisch
Timoschenko wirft der Regierung eine politische Hetzjagd vor. Es gehe darum, die Gegner von Präsident Viktor Janukowitsch politisch kaltzustellen. Der Staatschef der Ex-Sowjetrepublik wies dies zurück. Allerdings hatten sich auch westliche Beobachter mehrfach skeptisch zur Anklage geäußert.
Streit um "verräterrisches" Gasabkommen
Kurz vor Timoschenkos Festnahme belastete Regierungschef Nikolai Asarow als Zeuge in dem seit Ende Juni laufenden Prozess die Angeklagte schwer. Seine Vorgängerin habe 2009 mit Russland ein "verräterisches" Gasabkommen geschlossen, das für die Ukraine "völlig unvorteilhaft" sei. Die in dem Abkommen vorgesehene Preiserhöhung habe das Land fast in den Bankrott getrieben, sagte Asarow. Timoschenkos Anhänger riefen für Montag, wenn der Prozess fortgesetzt werden soll, zu Protesten auf.
U-Haft kam überraschend
Vor gut einer Woche hatte das Gericht die Untersuchungshaft noch abgelehnt. Laut Anklage soll die Ukraine während Timoschenkos Amtszeit unter anderem durch ein Gasgeschäft mit Russland Hunderte Millionen Euro verloren haben. Die Ex-Regierungschefin widerspricht dem. Bei den Verhandlungen mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin sei alles mit rechten Dingen zugegangen.