Reaktion auf VKI-Erhebung

Stöger zu Zweiklassenmedizin: "Sauerei"

Mit drastischen Worten reagiert Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) auf einen VKI-Test zum Thema "Zweiklassenmedizin". Die Untersuchung des Vereins für Konsumenteninformation hat ergeben, dass zusatzversicherte Patienten in einzelnen Spitälern bis zu sieben Monate früher einen Termin für eine Augenoperation bekommen als Normalversicherte.

Mittagsjournal, 24.08.2011

Stöger empört

Im öffentlichen Spital müssen alle Patienten medizinisch gleich behandelt werden, sagt SPÖ-Gesundheitsminister Stöger. Doch eine anonyme VKI-Testerin erhielt in 18 von 29 Spitälern die Auskunft: Mit Zusatzversicherung bekommt man früher einen Termin für eine Augenoperation des Grauen Star. Alois Stögers Kommentar im Ö1-Telefon-Interview: "Das ist eine Sauerei." Die Menschen müssten gleichen Zugang zur Medizin haben, "Punkt, aus." Die Sozialversicherung finanziere das gesamte Gesundheitssystem, daher müssten die Beitragszahler auch ernstgenommen werden.

Druck für Transparenz-Listen

Gesetzlich sei nur vorgesehen, dass Zusatzversicherte "Hotelkomfort" im Spital bekommen. Der Minister fordert nun, dass die Bundesländer sein Gesetz für österreichweit transparente Spital-Wartelisten innerhalb der vorgegebenen acht Monate umsetzen. Bei längerfristig planbaren Operationen könnten die Patienten dann die Wartezeiten vergleichen und sich das am besten geeignete Spital aussuchen.

Vorreihung "aus medizinischen Gründen"

Auch als "Sauerei" bezeichnet der Minister ein weiteres Ergebnis des VKI-Tests: In vier Spitälern lautete die Auskunft an die anonyme Testperson: Wenn sie sich Privatuntersuchungen durch den Primar leistet, könnte sie früher einen OP-Termin im öffentlichen Spital bekommen. Eines der betroffenen Spitäler ist das Krankenhaus Rudolfstiftung in Wien. Primaria Susanne Binder verteidigt sich: Zu ihr in die Privatordination kämen Patienten, die auf beiden Augen schlecht sehen, Einäugige oder Patienten mit einer zusätzlichen Erkrankung. Da könne es schon sein, dass sie jemanden aus medizinischen Gründen vorreihe - oder auch nicht.

Der Kommentar von VKI-Gesundheitsexpertin Bärbel Klepp: Wenn nötig, dann könnten sich die Ärzte der besonders behandlungsbedürftigen Patienten auch in der normalen Ordination annehmen und nicht in der Privatordination.

Bettenargumente und "Scheinmoral"

Dass die Ärzte im Spital natürlich auch finanziell profitieren, wenn sie einen zusatzversicherten Patienten operieren, bestätigt Michael Amon, der Vorsitzende der Kommission für Katarakt-(Grauer Star)-Operationen. Entscheidend für Vorreihungen sei aber oft die größere Bettenkapazität in der Sonderklasse. Gibt es also zu viele Sonderklasse-Betten und zu wenige Allgemeinklasse-Betten in den Spitälern? Das könne er nicht allgemeingültig beurteilen, sagt der Arzt und Universitäts-Professor Amon. Bärbel Klepp vom VKI spricht von einer "Scheinmoral". Zumal die medizinische Bevorzugung von zusatzversicherten Patienten nicht erlaubt, aber im Gesetz nicht explizit verboten sei.